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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2017/0178
bestätigt diese Eindrücke, die sich bei den Vorträgen ergaben. Solche Arbeit mit der Geschichte „im Kleinen
" kann bewegender wirken als durchaus notwendige Großdarstellungen. Vielleicht sind sie „vor Ort"
und darüber hinaus ein Mittel gegen sich radikalisierende Geschichtsverfälschungen. Günther Mohr

Erinnern und Vergessen. Geschichten von Gedenkorten in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg, hg.
von Friedemann Kawohl (Beiträge zur Region Schwarzwald-Baar-Heuberg 1), Neckarverlag, Villingen
-Schwenningen 2015, 268 S., zahlr. Färb- und S/W-Abb.

Vor nunmehr 20 Jahren erschien das Uberblickswerk „Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des
Widerstands und der Verfolgung 1933-1945" für die Regierungsbezirke Freiburg und Tübingen. Für die
Landkreise Rottweil und Schwarzwald-Baar wurden in diesem wichtigen, aber leider wenig beachteten
Buch auf immerhin 35 Seiten relevante Topographien dokumentiert, die für die Erinnerung an die NS-
Zeit eine Bedeutung haben. Nun widmet sich ein neues Buch den zahlreichen Gedenkorten in der Region
Schwarzwald-Baar-Heuberg und greift dabei auch über die NS-Zeit hinaus.

Seit rund zwei Jahrzehnten interessiert man sich in der deutschsprachigen Forschung nicht mehr
nur für die eigentlichen historischen Ereignisse, sondern zunehmend für die Entwicklungsgeschichte
und Wandlungsprozesse der nachfolgenden Erinnerungskultur und ihrer sichtbaren Zeugnisse. Bahnbre-

r

chend war hier das Großprojekt „Deutsche Erinnerungsorte" der Historiker Etienne Francois und Hagen
Schulze (2001), die ihrerseits wieder auf ein Konzept des französischen Mentalitätshistorikers Pierre
Nora aus den 1980er-Jahren („Les Lieux de Memoire") zurückgegriffen haben. Während in den „Deutschen
Erinnerungsorten" der Begriff des „Ortes" nicht unbedingt geographisch verstanden wurde und
man überwiegend identitätsstiftende oder erinnerungspolitische Diskursfelder analysierte, konzentriert
sich der vorliegende Band tatsächlich (bis auf wenige Ausnahmen) auf sichtbare Denkmale und Topographien
im Stadtraum oder in der Landschaft. Der Ansatz lässt sich daher eher mit der Dissertation von Ute
Scherb (2005) vergleichen, in der die Denkmalskultur in der Stadt Freiburg untersucht wurde.

Mit dem Band wird eine neue, ambitionierte Schriftenreihe des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte
der Baar e.V. gestartet („Beiträge zur Region Schwarzwald-Baar-Heuberg"), die durch mehrere
staatliche Institutionen getragen wird. Behandelt werden in den insgesamt 23 Einzelbeiträgen konkrete
Erinnerungsorte in bzw. auf fast 20 Städten, Gemeinden und Gemarkungen. Die am meisten bedachte
Kommune ist die Doppelstadt Villingen-Schwenningen mit fünf Beiträgen, dann folgen Bad Dürrheim,
Blumberg, Donaueschingen und Furtwangen mit jeweils zwei Beiträgen.

Die Texte des Sammelbandes stammen zu einem beträchtlichen Teil von professionellen Historikern,
die zumeist wichtige Funktionen in der Region innehaben, etwa als Stadt- oder Kreisarchivare. Unter den
Autoren befinden sich weiterhin mehrere Lehrer und Pädagogen, aber auch ein junger Filmschaffender
wie Frank Kayan mit einem interessanten Beitrag über die Entstehung und Rezeption des Films „Die Poleneiche
" (2007 Gewinner des baden-württembergischen Jugendfilmpreises), mit dem ein Schüler-Team
einen visuellen, „filmischen Gedenkort" geschaffen hat (allgemein zugänglich über die Internetplattform
„YouTube"). Da das Thema „Erinnerungskultur" durchaus mit religiösen Zuschreibungen versehen werden
kann, überrascht es nicht, dass auch vier Theologen bzw. Pfarrer an dem Band mitgewirkt haben.
Dass hier zudem Autoren aus dem Bereich der Forstverwaltung vertreten sind, liegt schließlich in dem
Umstand begründet, dass sich Denkmale wie etwa der Gedenkstein für den von einem Blitz getöteten
Baseler Naturforscher Theodor Bühler-Lindenmeyer (1859-1899) auf Blumberger Gemarkung oder ein
Sühnekreuz für Morde an fünf amerikanischen Soldaten zwischen Urach und Schollach (Wolf Hockenjos
) nicht selten verborgen im Waldgebiet befinden und man sich wandernd zu Fuß zu ihnen hinbewegen
muss.

Gedenkorte, die an zumeist bedrückende Ereignisse aus der Zeit des sogenannten „Dritten Reiches"
erinnern, sind mit neun Beiträgen in diesem Band in der Überzahl. Diese Konzentration dürfte nicht
überraschen. Weitere sechs Beiträge beschreiben Gedenkorte, die in direktem Zusammenhang mit dem
Ersten Weltkrieg stehen. Fünf Beiträge widmen sich explizit der Erinnerung an bestimmte Persönlichkeiten
, nämlich dem bei Rottweil umgekommenen französischen Marschall Jean Baptiste Budes de Guebri-
ant (1602-1643), dem in der Schlacht von Stockach-Liptingen gefallenen Karl Aloys Fürst zu Fürstenberg

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