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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2018/0076
Ansonsten hält sich Lankheit in seiner Begründung bedeckt und auch von der Popularität des
preußischen Philosophen ist er nicht wirklich überzeugt. Bei allem Respekt für seine spekulative
Überlegung darf sogar bekräftigend ergänzt werden, dass sich Weinbrenner nach eigener
Aussage tatsächlich mit dem Gedanken trug, Kant ein Denkmal zu setzen. In ihn eingelesen
hatte er sich womöglich schon in Berlin, wo ein so gelehrter Schriftsteller wie Karl Philipp
Moritz das neuartige Thema der Ästhetik zum Gegenstand philosophischer Erörterung machte,
das den angehenden Architekten zwangsläufig interessieren musste. Alsbald in Rom (!) folgte
er als aufmerksamer Gasthörer den mit Bezug auf Kant gegebenen Vorlesungen des befreundeten
Kunstgelehrten Carl Ludwig Fernow und viele Jahre später bemüht Weinbrenner dann
Kant auch in seinem „Architektonischen Lehrbuch".17 Dem geschätzten Philosophen mit einem
Denkmal seine Reverenz zu erweisen, wäre also durchaus eine Herzensangelegenheit gewesen.

Den markanten Namen „KANT" könnte man sich gut und gerne auf der Frontseite des
Denkmals vorstellen, wobei sich die Frage aufdrängt, warum der Kopist diese vier Buchstaben
hätte unterschlagen sollen. Platz ist, wie man sehen kann, auch für eine Inschrift vorhanden.
Angeboten hätte sich der kategorische Imperativ, der das Denkmal zu einem monumentum
virtutis hätte erheben können. Rinderle in Betracht zu ziehen, wäre angesichts der frühen Datierung
des Entwurfs, an der an sich kein Zweifel besteht, auszuschließen, da sein Tod noch in
weiter Ferne lag. Dass es sich im Prinzip aber doch um den Entwurf seines später erstellten
Grabmals handelt, ist unübersehbar. Die Proportionen stimmen exakt mit dem ausgeführten
Werk überein. Deutlich sind der Schmetterling und das Fußgestell mit dem durch Längengrade
gekennzeichneten Erdball zu erkennen - für Lankheit dennoch der sinnreichste Verweis auf
Kant, da er auf das „weltumspannende Gedankengebäude" des Philosophen anspielen dürfte.
Statt eines Sternes, den wir oben sinnfällig als ein Abzeichen des Kosmos begriffen haben,
präsentiert sich an der Schauseite in der kreisrunden Form eines Medaillons ein menschliches
Antlitz, das sich aber nicht identifizieren lässt. Somit ist alles in allem nicht wirklich ein eindeutiger
Hinweis auf Kant gegeben. Und dennoch, obschon Lankheit seiner Vermutung Raum
gibt, ist das Projekt ungeachtet der unzureichenden Indizien als ein Kant-Denkmal Friedrich
Weinbrenners in die Literatur eingegangen - sogar in eine durchaus lesenswerte „Architekturgeschichte
des 19. Jahrhunderts"18!

Kein Kant-Denkmal

Die Annahme, es handele sich bei der vorliegenden Entwurfszeichnung um ein Kant-Denkmal
von Friedrich Weinbrenner wirft vor dem Hintergrund unserer Kenntnis des Rinderle-Grabmals
Fragen auf. Weder der Bezug auf Kant noch die Autorschaft Weinbrenners ist gesichert,
wobei es außer Frage steht, dass der Entwurf in seinem Umfeld entstanden ist. Nur allzu gern
werden in der Weinbrennerforschung ungesicherte Entwürfe oder auch unerforschte Gebäude
, wenn sie denn die typischen Stilmerkmale aufweisen, für den Meister selbst in Anspruch
genommen. Die voreilige Zuschreibung des fraglichen Kant-Denkmals an ihn hat eines außer
Acht gelassen, nämlich die durch die Planskala ausgewiesenen Maßangaben. Demzufolge ist
ein Monument dargestellt, das in seinen Ausmaßen dem in Freiburg ausgeführten Grabmal entner
Forschungsergebnisse wieder in Frage gestellt.

Dazu Ulrich Maximilian Schumann: Friedrich Weinbrenners Weg nach Rom. Bauten, Bilder und Begegnungen
, Katalog zur Ausstellung in Karlsruhe 2008 (Schriften des Museums für Literatur am Oberrhein
3), Karlsruhe 2008, S. 25.

M[ohamed] Scharabi: Architekturgeschichte des 19. Jahrhunderts, Berlin 1993, S. 65.

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