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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2018/0135
Der vergessene Philosoph - Jonas Cohn in Freiburg

Von

Klaus Hockenjos

Als vor einiger Zeit das Grab des Ehepaars Husserl auf dem Friedhof in Freiburg-Günterstal
in den Blick der Öffentlichkeit geriet, blieb eine nur wenige Meter entfernte andere Grabstätte
unerwähnt und wohl auch unbemerkt: Diejenige des Philosophen, Psychologen und Pädagogen
Jonas Cohn und seiner Ehefrau Elise. Wie der zehn Jahre früher (1859) geborene Edmund
Husserl war Jonas Cohn (Abb. 1) jüdischer Herkunft. Er wuchs in Görlitz auf und studierte in
Berlin Botanik. In diesem Fach wurde er auch 1892 promoviert und beschloss, sich zunächst
(1892-1894) in der experimentellen Psychologie auszubilden. Ab 1896 studierte er bei Heinrich
Rickert in Freiburg. Wilhelm Windelband und Rickert waren die Hauptvertreter der südwestdeutschen
(bzw. badischen), werttheoretischen Richtung des Neukantianismus. Mit den „Beiträgen
zu der Lehre von den Wertungen" war Cohn 1897 der erste Habilitand Rickerts. Seither
lehrte er in Freiburg als Privatdozent. 1901 wurde er nichtbeamteter, außerordentlicher planmäßiger
Professor für Philosophie und Psychologie. Im gleichen Jahr erschien als erste größere
Veröffentlichung seine „Allgemeine Ästhetik", aufbauend auf „kritischer Wertwissenschaft".1
Cohn nutzt in diesem Werk seine umfassende Kenntnis der Kunst- und Literaturgeschichte.
Allerdings muss er einräumen, dass er die Musik weit seltener zu Beispielen herangezogen hat
als die übrige Kultur, da er völlig unmusikalisch sei.

1903 heiratete er Elise Ebstein (Abb. 2). Das Paar wohnte zunächst in der Goethestr. 14,
dann in der Bürgerwehrstr. 1 und schließlich in der Talstr. 62. 1904 wurde Sohn Hans geboren,
der später den Nachnamen seiner Großmutter (Gottschalk) annehmen sollte. 1907 erhielt Cohn
einen Lehrauftrag für Pädagogik. Der Antrag der Fakultät auf Erteilung eines Lehrauftrags
auch für Psychologie wurde vom Ministerium abgelehnt. Verschiedene Initiativen zur Einrichtung
einer außerordentlichen Professur für experimentelle Psychologie blieben zunächst erfolglos
, bis dann 1919 die Ernennung zum etatmäßigen Extraordinarius erfolgte.2 Seit 1920 war
Cohn Mitdirektor des damals noch zur Philosophie gehörenden Psychologischen Laboratoriums
, während die philosophischen Ordinarien offiziell dessen Direktoren blieben. Allerdings
wandte sich Cohn zunehmend der Philosophie und Pädagogik zu, wogegen die experimentelle
Psychologie, ablesbar auch am Charakter der abgefassten Dissertationen, nicht mehr zu seinen
zentralen Interessen zählte.3

Im Mai 1913 bezog Cohn mit seiner Familie den Neubau einer standesgemäßen, stattlichen
Villa in bester Lage Günterstals am Weilersbacher Weg. Dies kann als Hinweis darauf gewertet
werden, dass er sich seiner akademischen Zukunft sicher war und darauf zählen konnte,
in absehbarer Zeit zum Ordinarius in Freiburg berufen zu werden. Im gleichen Jahr besuchte
der junge Walter Benjamin Cohns Seminar über Kants Kritik der Urteilskraft und Schillers

Traugott Konstantin Oesterreich: Jonas Cohn, in: Die deutsche Philosophie des neunzehnten Jahrhunderts
und der Gegenwart, Tübingen 151951, S. 461.

Helga Schmitt: Die Entwicklung der Psychologie an der Universität Freiburg von 1880 bis 1920, Diplomarbeit
, Freiburg 1988, S. 74.

Hildegard-Elisabeth Unger: Über die Geschichte der Psychologie als eigenständige Wissenschaft an

der Universität Freiburg von ca. 1920 - ca. 1945 mit dem Schwerpunkt 1933-1945, Diplomarbeit, Freiburg
1989, S. 121.

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