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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0032
Schwer zu lesen - was ist hier dargestellt?

Schon auf den ersten Blick ist erkennbar, dass das Zartener Gemälde im Umkreis der Passion
Christi angesiedelt sein muss (Abb. 6 und 7). Darauf verweist eine ans Kreuz geschlagene
männliche Gestalt, die vor einem Hintergrund aus Büschen oder ähnlichem im linken (nördlichen
) Bildteil platziert ist. In diesem Bildbereich dominieren heute Rotockertöne.

Der zweite Blick offenbart Bildinhalte, die weniger leicht zu lesen sind. Die Gestalt am
Kreuz ist nicht Christus, sondern einer der Schächer: Der Mann besitzt nämlich keinen Nimbus
, während die anderen abgebildeten Personen damit ausgestattet sind. Wie die Untersuchung
ergab, hat er auch nie einen besessen. Rechts daneben (vom Betrachter aus gesehen) steht oder
kniet eine offenbar weibliche Gestalt, die eine weitere in den Armen hält. Die weibliche Gestalt
trägt einen grünen Mantel, der über der Brust mit einem Band geschlossen ist; vom Rest ihres
Gewandes sind nur noch die ockerroten Vorzeichnungen zu sehen. Auffällig sind die roten Wellenlinien
an ihrer linken Körperseite, die lange, stark gewellte Haarsträhnen andeuten, die im
Wind flattern. Die zweite Gestalt, die von der Frau gehalten wird, ist schlechter erhalten als die
erste. Erkennbar sind der nach rechts geneigte Kopf mit Nimbus und rote Vorzeichnungen eines
heute farblosen Gewandes, das mit Ärmeln versehen ist, wie am linken Arm der Figur zu sehen
ist. Mit ihrer linken Hand scheint die Gestalt ein faltenreiches Tuch zu fassen, das offenbar vor
ihr liegt. Diese Szene bricht nach unten hin ab.

Zwischen diesen beiden Gestalten und dem Türdurchbruch ist in roter Zeichnung eine kleine
Gebäudegruppe dargestellt, über die einige der gewellten Haarsträhnen hinwegflattern. Es
scheint sich um eine Kirche mit polygonalem Chor, hohen Fenstern und vielleicht einem Westturm
zu handeln, links daneben einige Nebengebäude. Identifizierbar sind die Gebäude leider
nicht. Es ist fraglich, ob sie überhaupt real existierten oder ob sie ein Sinnbild darstellen sollen,
vielleicht für die Stadt Jerusalem.18 Auch das Zeichen direkt darüber ist rätselhaft, nicht zuletzt
wegen seiner schlechten Erhaltung.

Die grünen und schwarzen Farbtöne von einer Art Wiese oder Erdboden im Bildvordergrund
setzen sich rechts des Wanddurchbruches fort. Hier verdichten sich die Farbflecken zu einer
Landschaft mit einem See, auf dem ein kleines Schiff mit Ruderern unterwegs ist, bergigen
Ufern im Hintergrund und einem im Vordergrund stehenden Reiter. Auch hier dominiert wieder
der Rotocker, ergänzt durch die Grün- und Schwarztöne des Vordergrundes.

Die Gesamterscheinung des Bildes weist auf eine Entstehung im frühen 16. Jahrhundert
hin, in der Zeit der spätesten Gotik. Dafür sprechen außer stilistischen Gesichtspunkten die Art
der erkennbaren Gewandungen und die Bart- und Haartracht des Schächers (sie entsprechen
der zeitgenössischen Mode) und der Landschaftshintergrund; dies alles ist in Gemälden und
Stichen aus dieser Zeit häufig in dieser Form zu finden. Die Ausführung in Seccotechnik ist im
ausgehenden Mittelalter ebenfalls gängige Praxis.

18

Es wurde schon versucht, die Gebäudegruppe mit dem Kloster St. Märgen in Verbindung zu bringen, aber
leider weiß man nicht viel über dessen Baugestalt zur fraglichen Zeit.

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