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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0139
Es gibt einige Indizien, die darauf hindeuten, dass die Beschlagnahmungsaktion auch in
eine ganz bestimmte Richtung zielte. Denn neben grafischen Arbeiten von Max Beckmann,
Otto Dix und Lyonel Feininger waren überwiegend Schöpfungen der einstigen Mitglieder der
Künstlergruppe „Badischen Secession"5 betroffen, zu der neben Emil Bizer auch Rudolf Grossmann
, Adolf Riedlin, Karl Hofer und Alexander Kanoldt zählten. Die 1927 gegründete Vereinigung
hatte zum Ziel, durch gemeinsame Ausstellungen der reaktionären, symbolüberfrachteten
Kunst des Hans Thoma Epigonen Hans Adolf Bühler und seinem zunehmend einflussnehmen-
den Kreis in Karlsruhe eine eigene Kunst entgegenzusetzen.

Doch die „Secession" stritt sich mit Bühler nicht nur um Kunst. Mehr und mehr traten auch
ideologische Themen in den Vordergrund. Bühlers Machtposition wuchs, schon 1932 wurde
er Direktor der Karlsruher Landeskunstschule und im März 1933 war schließlich seine Stunde
gekommen. Otto Wacker, ein enger Freund Bühlers und wie dieser Gründungsmitglied der
Ortsgruppe Karlsruhe des „Kampfbundes für deutsche Kultur", war vom badischen Reichsstatthalter
zum Kultusminister ernannt worden. Wacker entließ neben mehreren Lehrern der
Landeskunstschule auch die seit 1927 amtierende Leiterin der Kunsthalle in Karlsruhe, Lilli
Fischel, deren Vater aus einer jüdischen Familie stammte. Bühler wurde als kommissarischer
Leiter eingesetzt und schon im Frühjahr 1933 organisierte er eine Ausstellung mit der ihm ver-
hassten Kunst unter dem Titel „Regierungskunst 1918-1933". Dabei handelte es sich um eine
frühe Vorgängerausstellung der späteren Münchner Ausstellung „Entartete Kunst". Bereits in
dieser Karlsruher „Schreckenskammerausstellung" wurden die Werke impressionistischer und
expressionistischer Kunst aus dem Bestand der Badischen Kunsthalle als Dokumente des künstlerischen
und gesellschaftlichen Verfalls gezeigt. Zu den hier öffentlich diffamierten Künstlern
gehörten selbstverständlich auch die Dauerfeinde und Mitglieder der „Badischen Secession"
Carl Hofer, Emil Bizer, Rudolf Grossmann und Alexander Kanoldt. Anzumerken ist, dass Bühlers
Stern schnell sank. Schon 1934 fiel er bei Otto Wacker in Ungnade und wurde von beiden
Amtern enthoben.

Drei Freiburger Einzelschicksale

Rudolf Grossmann

Rudolf Grossmann war Maler, Zeichner und Grafiker. Er wurde 1882 in Freiburg als Sohn eines
Arztes geboren, seine Mutter war Porträtmalerin und die Tochter des badischen Hofmalers Wilhelm
Dürr. Nach seiner Schulzeit in Freiburg studierte Grossmann zunächst ab 1902 vier Semester
Medizin und Philosophie in München. Nach vergeblichen Versuchen, an den Kunstakademien
in Düsseldorf und Karlsruhe aufgenommen zu werden, ging er 1905 nach Paris, wo er
Hans Purrmann, Lyonel Feininger und Henri Matisse kennenlernte. Zwischen 1910 und 1912
pendelte er zwischen Paris und Berlin, um 1914/15 lebte er in München, war im Engadin und
am Tegernsee. Mit seinem Freund Hans Purrmann und der Schriftstellerin Annette Kolb reiste
er von 1922 bis 1923 nach Italien. 1924 kehrte Grossmann nach Berlin zurück.

Seinen Zeitgenossen war Grossmann vor allem als Zeichner bekannt. Wie kein anderer
dokumentierte er mit Porträts und Straßenszenen das Berliner Leben der Jahre bis 1933. Grossmanns
Druckgrafiken wurden in wichtigen deutschen Zeitschriften veröffentlicht, unter ande-

Antje Lechleiter: Die Künstlergruppe „Badische Secession". Geschichte, Leben und Werk ihrer Maler
und Bildhauer, Frankfurt a. M. 1994.
Ebd., S. 95.

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