Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0178
Feuersteins Amtszeit endete zum 1. Mai 1933 und Zirlewagen wurde vom Gemeinderat
zum Bürgermeister-Stellvertreter gewählt. Gleichzeitig übernahm er die Geschäftsführung des
Bürgermeisteramts. Eine Bürgermeisterneuwahl wurde kurz darauf vom Badischen Bezirksamt
genehmigt.15 Als Bürgermeisterstellvertreter brachte sich Zirlewagen - er agitierte 1933 unter
dem aus dem 25-Punkte-Programm der NSDAP entlehnten Volksgemeinschafts-Leitspruch Gemeinnutz
geht vor Eigennutz16 - unter anderem mit einem (angenommenen) Antrag ein, wonach
die Einwohner Heitersheims soweit sie nicht in einer Krankenkasse sind, auf die Bestrahlungsgebühren
des Krankenhauses eine Ermäßigung von 50 Prozent erhalten}1 Er verkündete einen
Gehaltsverzicht und erwartete auch von den übrigen Gemeindebeamten - erfolglos - einen Verzicht
auf einen Teil ihres Arbeitsentgelts. Die Beamten bewiesen damit in seinen Augen, dass
ihnen der nationalsozialistische Geist des neuen Staates — Gemeinnutz kommt vor Eigennutz
— noch fremd ist. Er drohte daher an, dass sich eine zwangsweise Herabsetzung nicht vermeiden
lasse. Von den NS-Gemeinderäten und NS-Bürgerausschussmitgliedern erwartete er gleichzeitig
, dass sie sich ehrenwörtlich verpflichteten, von der Gemeinde als Handwerker oder Gewerbetreibende
keine Aufträge anzunehmen.18

Für die anstehende Bürgermeisterwahl kandidierte Zirlewagen gegen Feuerstein. Mit Flugblättern
und in Reden machte Zirlewagen im Rahmen einer Verleumdungskampagne Propaganda
gegen seinen Kontrahenten. Er übernahm dabei mit „den üblichen Versatzstücken der
antirepublikanischen NS-Propaganda gegen , Systemvertreter "19 die allgemeine NS-Taktik, den
politischen Gegner mit Drohungen, Belästigungen und Beschuldigungen einzuschüchtern:20
Daneben warf er Feuerstein - wie schon in den Offenen Briefen - insbesondere vor, ein Riesengehalt
zu beziehen und Ansprüche auf eine Riesenpension zu haben, während die Gemeinde
Not leide. Damit hätte sich Feuerstein außerhalb der Volksgemeinschaft gestellt. Daneben
machte er Stimmung gegen die angebliche Zentrums-Vetternwirtschaft. Er forderte den Rücktritt
Feuersteins, im Gemeinderat müsse dann dem nationalen Volksteil maßgeblicher Einßuss
gesichert werden. In der Zeit als Stellvertreter warb er auch damit, dass er durch seine Tätigkeit
bewiesen habe, dass das Bürgermeisteramt auch nebenamtlich ausgeführt werden könne, was
der Gemeinde Kosten sparen würde.21 Konkret forderte er, dass der Bürgermeister nur ein Gehalt
in Höhe von 2.000 RM erhalten und dass das Amt nebenberuflich ausgeübt werden solle.22

Bei der Bürgermeisterwahl am 11. Juni 1933 setzte sich Feuerstein trotz der Schmutzkampagne
mit 410 zu 401 Stimmen gegen Zirlewagen durch - eine peinliche Niederlage. An diesem
Ergebnis zweifelte ein Freund Feuersteins noch vor Beginn der Auszählung nicht, wie er diesem
am 11. Juni schrieb. Den Wahlerfolg vor Augen rief der Autor Feuerstein dazu auf, nun ein nationalgesinnter
Bürgermeister für alle zu sein. Da auch Hitleranhänger treu an seiner Seite gestanden
hätten, dürfe er nun nicht richten und müsse großzügig sein. Die öffentlichen Vorwürfe
Zirlewagens bezüglich einer Gehaltsrückzahlung solle Feuerstein aber richtig beantworten:

15
16

17

Der Alemanne - Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens vom 16. Mai 1933.
Stadtarchiv Heitersheim (StadtAH), Box 20, Fasz. 11, Rundschreiben Nr. 1 der NSDAP-Ortsgruppe Pleitersheim
„Der Kampf beginnt!".

StadtAH, undatierte Artikelsammlung, hier: Der Alemanne - Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens
, Ende Mai/Anfang Juni 1933.

StadtAH, Box 24, siehe (undatierter) Bericht der NSDAP-Ortsgruppe Heitersheim von Anfang Mai 1933.
Robert Neisen: Gustav Zirlewagen, in: Baden-Württembergische Biographien, Bd. V, hg. von Fred Ludwig
Sepaintner, Stuttgart 2013, S. 491-493 hier, S. 492.

Hourand (wie Anm. 7), S. 74; StadtAH, undatierte Artikelsammlung, hier: Der Alemanne - Kampfblatt
der Nationalsozialisten Oberbadens, Ende Mai/Anfang Juni.
Der Alemanne - Kampf blatt der Nationalsozialisten Oberbadens vom 8. Juni 1933.
22 StadtAH. Box 24. Akten IV/2. Fasz. 35. 1933.

18
19

20

21

178


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0178