Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0192
und durch „Persilscheine" untermauerte Verteidigungsstrategie, deren „roten Faden" er 1945
bis 1949 beibehielt, wusste er vor allem mit Blick auf den Kampf um seine Firma (siehe unten)
flexibel auf die jeweilige Verteidigungssituation in einer Mischung aus Dichtung und Wahrheit
anzupassen.

Gelegenheit hierzu bekam er zu Beginn des Jahres 1946: Uberraschend wurde Zirlewagen
am 26. Januar von der französischen Besatzungsbehörde verhaftet, lange blieb er im Ungewissen
weswegen. Erst am 11. September 1946 erhielt er die Anklageschrift. Nach dieser warf man ihm
vor, Devisen zurückgehalten und deutsches Silbergeld sowie Warenbestände nicht angemeldet
zu haben. Am 6. Juni 1947 kam es zur Verhandlung vor dem Tribunal Intermediaire du Gouvernement
Militaire de Bade ä Fribourg. An diesem Tag wurde Zirlewagen mit einer erweiterten
Anklage konfrontiert. Demnach wurde er wegen Handlungen die zur Störung der öffentlichen
Ordnung Anlass geben können angeklagt. So habe er bei Ankunft der französischen Truppen
seinen Betrieb geschlossen und aus feindlicher Gesinnung gegen die alliierten Truppen die Produktion
verlangsamt. Ferner wurde er wegen der Nichtanmeldung von Gütern aus alliiertem
Besitz angeklagt. Als Zeuge vor Gericht versuchte Hugo Zirlewagen auf eine Verurteilung seines
Bruders hinzuwirken. Für ihn bot sich nun die Gelegenheit aus dem Schatten des Bruders
zu treten, sich für die Ende 1944 erfolgte Trennung vom Versorgungsposten in der Franka zu
rächen und sich auf dessen Kosten zu bereichern. Erst nun erfuhr Gustav Zirlewagen, dass eine
Denunzierung durch seinen eigenen Bruder die Ursache für die Haft war. Der Staatsanwalt
hielt die Glaubwürdigkeit des Zeugen Z. für erschüttert, nachdem er eine Vernehmung von
zehn ehemaligen Zwangsarbeitern erwirkt hatte, um angebliche Kriegsverbrechen von Gustav
Zirlewagen zu belegen, aber keiner der Zeugen hätte etwas Ungünstiges über den Angeklagten
ausgesagt. Der Vorsitzende Roy erklärt nach der Beratung des Tribunals, dass Zirlewagen trotz
des geringen Werts der bei ihm gefundenen Devisen und der Silbermünzen der Nichtanmeldung
für schuldig. In den übrigen Anklagepunkten wurde Zirlewagen für unschuldig erklärt. Da die
Zurückhaltung ausländischer Devisen und Silbergeld eine schwere Verletzung der Befehle der
Militärregierung darstellte, da Zirlewagen während des Krieges der Gendarmerie die Fremdarbeiter
seiner Fabrik bezeichnet hätte, deren Leistungen ihm nicht zufrieden stellend erschien
und da der Besitz von zahlreichem Besatzungsgeld, die in Mark ausgestellt sind einen Hinweis
auf die Art der Spekulationen, denen sich Zirlewagen Gustav hingab darstellte, wurde Zirlewagen
- beginnend mit dem 2. Februar 1946 - zu einer Gefängnisstrafe von 18 Monaten verurteilt.
Die Beschlagnahmung des Besitzes von Zirlewagen wurde aufgehoben. Am 2. August 1947
wurde Zirlewagen aus der Haft entlassen.

Im Anschluss begann für ihn die politische Säuberung: Am 14. Mai 1948 entschied ein
Untersuchungsausschuss, dass Zirlewagen in die Gruppe der Minderbelasteten einzureihen sei.
Vor der Außenspruchkammer Lörrach hatte Zirlewagen zunächst Erfolg mit seiner Revision:
Sie kam in einer Absichtserklärung am 25. August 1948 auf Grund eines gewissen Widerstandes
gegen die Partei und wegen der erlittenen Nachteile zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen
für eine Entlastetenerklärung [...] in einem Maß gegeben sind, daß der Betroffene trotz der
unzweifelhaften Förderung der Partei schon vor und insbesondere nach der Machtübernahme,
als entlastet erklärt werden kann. Dagegen erhob die Militärregierung Einspruch: Die Streitigkeiten
mit der Kreisleitung seien als reine Streitigkeiten persönlicher Art zwischen Nationalsozialisten
anzusehen. Nach Protest von Zirlewagen verfügte die Abteilung I der Spruchkammer
Freiburg des Badischen Staatskommissariats für politische Säuberung am 11. Juli 1949 endgültig
, dass Zirlewagen der Gruppe der Minderbelasteten zuzurechnen sei: Die Spruchkammer
war der Auffassung, daß der Betroffene vor und nach der Machtübernahme sowohl gesinnungsmäßig
als in seinem ganzen Verhalten ein überzeugter und zünftiger Nationalsozialist war und
den Nationalsozialismus doch in einem Maß gefördert hat, daß es in der Bevölkerung seines

192


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0192