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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0214
Die kleine jüdische Minderheit im Fricktal hat keine baulichen und nur wenige schriftliche Spuren
hinterlassen, obwohl sie mit der christlichen Mehrheit immer enge geschäftliche Beziehungen hatte.
Die ursprünglich judenfreundliche Politik der Habsburger (so das großzügige Privileg von 1393) wurde
immer mehr eingeschränkt. Hatte Erzherzog Albrecht VI. noch Schutzmaßnahmen für die Juden eingeführt
, so kam es unter seinem Nachfolger, Erzherzog Sigismund, zu einer „drastischen Wende" (S. 81).
Einige Stichworte sollen hier genügen: Ritualmordprozesse, Verbot des Kreditgeschäfts, nur noch Handel
zulässig, wobei die Zahl der Kaufleute in den Städten auf maximal 2 begrenzt wurde. Auch unter den
folgenden habsburgischen Fürsten wurden durch städtische und landesherrliche Verfügungen das Geldgeschäft
und das Niederlassungsrecht immer wieder beschränkt und teilweise verboten. Deshalb wandten
sich die Juden nach dem Dreißigjährigen Krieg verstärkt dem Pferde-, Vieh- und Warenhandel zu. Auch
diese Handelstätigkeit wurde auf Kreditbasis betrieben und blieb für die lokale Wirtschaft von entscheidender
Bedeutung, denn die verarmte Fricktaler Bevölkerung konnte sich nur über Kredit mit Vieh und
Waren des täglichen Bedarfs eindecken.

Diemuths materialreiches Buch, das sich besonders an eine breite lokale Leserschaft richtet, bringt
eine beeindruckende Fülle beschämender Details; eine unaufhörliche Kette von Ausgrenzungen, Benachteiligungen
, böswilligen Schikanen und Denunziationen bis zu Pogromen, wobei die Geistlichkeit
eine wenig rühmliche Rolle spielte. Auch nach dem Ende der Habsburger Herrschaft und in der Helvetischen
Republik veränderte sich die Lage der Juden wenig. Erst im Jahre 1863 wurde im Kanton Aargau
die Gleichberechtigung der Juden nach heftigem politischem Widerstand durchgesetzt.

Der Autorin ist ein anschauliches Buch gelungen. Dass sie in den einzelnen Zeitabschnitten immer
wieder biografische Seitenblicke zu einigen jüdischen Persönlichkeiten einbringt, beleuchtet aufschlussreich
die Lage der jüdischen Minderheit. Ein Buch, das den Leser bewegt. Willy Schulze

Ralf Kohl: Die Wiestiers. Das Geschlecht der Küchlebauern von Oberried, Books on Demand, Norderstedt
2018, 110 S., zahlreiche Farb-Abb.

Der Küchlebauernhof in St. Wilhelm/Oberried ist Schauplatz der anschaulich erzählten Familiengeschichte
der Wiestiers, Vorfahren des Autors Ralf Kohl. Der Hof befand sich über 300 Jahre in Familienbesitz
, was äußerst ungewöhnlich ist. In langjähriger engagierter Recherche wurden hier Fakten zusammengetragen
, die nicht nur die Geschichte der Familie Wiestier beleuchten, sondern eine Art „Sittenbild"
Oberrieds über drei Jahrhunderte hervorbringen.

Früheste Nachweise über den Küchlebauernhof stammen aus dem Jahr 1628, was wohl an dem Umstand
liegt, dass Oberried samt Kloster während des Dreißigjährigen Krieges mehrfach geplündert und
durch Brände zerstört wurde. Der Hof selbst blieb durch seine Abgelegenheit unversehrt. Der Leser wird
anhand der Ahnenlinie der Wiestiers und diverser Eintragungen in Ortsprotokolle durch die Zeit geführt.
Zahlreiche Exkurse verweisen auf die Umstände, unter denen die Bewohner Oberrieds damals gelebt
haben: Krieg, Pest, Hexenverfolgungen etc. Der Autor legt viel Wert auf die (zugegebenermaßen oftmals
spekulative) Beschreibung des Alltags der ländlichen Bevölkerung und hat merkbar Freude daran, dieses
Alltagsleben nachvollziehbar auszubreiten - diese Freude ist ansteckend: Im Text spürt man eine fast
kindliche Begeisterung, die richtig Spaß macht. Wer sich also dafür interessiert, was ein „Hudelwisch"
ist oder warum die Familie Wiestier Cannabis angebaut hat, ist mit diesem reizenden Bändchen auf informative
und unterhaltsame Weise bestens bedient! Boris Kramb

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