Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TM 2001/4932
Schneider, Wilhelm
Überholte Lehrmeinungen zur frühmittelalterlichen Geschichte
Tübingen, 2001
Seite: 8
(PDF, 37 MB)
Bibliographische Information
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Varia

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W. Ogris HRG I Sp. 1447 : Im Völkerrecht sind zu unterscheiden
vertragliche Geiselgestellung und einseitige Geiselnahme
und zwar jeweils im Frieden und im Kriege. Die Geschichte
der völkerrechtlichen Geiselnahme reicht weit in archaische
Rechtsepochen zurück. Nach der neuzeitlichen Völkerrechtslehre
stellte die einseitige, gewaltsame Festnahme
fremder Staatsangehöriger im Frieden eine besondere Form
völkerrechtlicher Reppressalie dar. Sie war zulässig, um einen
fremden Staat zur Aufgabe seines völkerrechtswidrigen
Verhaltens zu zwingen. Im Kriege ließen Staatenpraxis und
Völkerrechtslehre die Geiselnahme als präventive Maßnahme
zu, um die Bevölkerung eines militärisch besetzten Gebiets
von Feindseligkeiten gegen die Besatzungsmacht abzuhalten.

Eine Geiselnahme ist umso wirksamer , je bekannter die zur Geisel
genommene Person ist . Bekannt waren vor Allem die nobiles
( von lat. notus = bekannt ) . Auf eine "Adelsherrschaft" kann
aus einer Geiselnahme von nobiles nicht geschlossen werden.

Georg Waitz I S. 239 : Wie lässt sich hier an den Adel denken
, annehmen, ohne diesen habe das Volk nichts zu beginnen
, nicht für seine Freiheit zu kämpfen gewagt ? Dass die
Entfernung der Führer, auf welche zu sehen alle gewohnt
und verpflichtet sind, leicht den Mut und die Kraft des Volkes
lähmt , begreift sich vollkommen und liegt in der Natur
der Dinge.

Wie lähmend eine Geiselnahme auf ein Volk wirken kann, zeigt
aus neuester Zeit die Entführung und Ermordung des bekannten
Wirtschaftsführers Schleyer .

Gerade bei den Cheruskern hatte das Volk durchaus etwas zu sagen
, es war auch ohne seine Führer handlungsfähig . So ist Se-
gestes durch den einmütigen Willen seines Stammes ( consensu
gentis ) zur Teilnahme am Krieg gegen die Römer gezwungen
worden.

Reinhard Wenskus , Stammesbildung und Verfassung 1961 S.
319 : Als die Volksversammlung der Cherusker den Krieg gegen
Rom beschlossen hatte, kann sich Segestes diesem Be-
schluss nicht entziehen.

Gegen eine "Adelsherrschaft" bei den Cheruskern sprechen auch
folgende Quellenstellen:

Tac. Ann. I, 22 : Gesandte kamen von Segestes, Hilfe für
ihn erbittend gegen die Gewalt seiner Landsleute ( populari-
um ) , von denen er belagert wurde.

Tac. Ann. I , 59 : Arminius flog durch das Land der Cherusker
, Waffen gegen Segestes, Waffen gegen den Kaiser fordernd
.


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