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Dieser erst spät angelegte "Adelsfriedhor könnte zu einer
von auswärts zugezogenen Familie gehören, die zwar einheimischen
Schmuck verwendete, unter deren Mitgliedern aber
Sachsen und Thüringer waren , die den heimatlichen Brauch
der Pferdebestattung mitgebracht haben. Auch das Gräberfeld
von Niederstotzingen weist derartige fremde Züge auf.
Hier kann verwiesen werden auf die Arbeit :
Thüringische Umsiedler im frühmittelalterlichen Alamannien
und die Herkunft der in Alamannien gefundenen Runeninschriften
( Heft X S. 411-432 mit Nachträgen in Heft XIX S.
151-157 ) .
Auch die Runenschrift ist von thüringischen Umsiedlern nach
Alamannien gebracht worden.
Weitere Gründe
Gegen die "Adelsgräber" spricht auch , dass auf den meisten
frühmittelalterlichen Friedhöfen die Gräber mit reichen Beigaben
von den anderen Gräbern nicht getrennt sind. Dazu
Rainer Christlein , Die Alamannen , Archäologie eines lebendigen
Volkes , 1978 S. 91 : Die normale, nur dem Ablauf des
Sterbens und Begrabenwerdens folgende Belegung eines
Friedhofs war die Regel. Ihr unterwarfen sich zumeist auch
die Reichsten einer Siedlung . Beispiele dieser Art sind Hail-
fingen und Schretzheim, wo während der ganzen Belegungszeit
- immerhin 150 Jahre - überdurchschnittlich reiche
Familien bestatteten , ohne ihre materielle Vormachtstellung
zu Privilegien umformen zu wollen , mithin , wenn man so
will , das intakte Modell germanischer Gemeinschaftlichkeit.
Rudolf Moosbrugger-Leu , Konstanzer Protokoll Nr. 219 vom
21. l. 1978: Es fällt auf, dass in den Gräberfeldern des 5. und
6. Jahrhunderts die reichen Bestattungen mitten in den Gräberfeldern
liegen. Es ist also noch ein enger Zusammen-
schluss zwischen der Nobelschicht und den unteren Ständen
zu beobachten.
Heiko Steuer , Frühgeschichtliche Sozialstrukturen in Mitteleuropa
1982 S. 526 : Der archäologische Befund für den
Bereich der Reihengräberzivilisation spiegelt eine im Großen
und Ganzen gleichberechtigte Gesellschaft .
Rainer Christlein , Die Alamannen usw. S. 91 : Selbst die um
die Mitte des 7. Jahrhunderts verstorbene "Fürstin" von Wit-
tislingen mit der reichsten Grabausstattung ihres Jahrhunderts
in ganz Alamannien wurde auf dem allgemeinen Orts-
friedhof begraben .
Ein mit autogenen Hoheitsrechten ausgestatteter, über Land und
Leute gebietender Adel , wie ihn Dannnenbauer postuliert, hätte
sich nicht in Reihengräbern bestatten lassen, mitten unter dem
gewöhnlichen Volk, das nach Dannenbauer zu gehorchen, zu ar-
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