Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TM 2001/4932
Schneider, Wilhelm
Überholte Lehrmeinungen zur frühmittelalterlichen Geschichte
Tübingen, 2001
Seite: 68
(PDF, 37 MB)
Bibliographische Information
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Varia

  (z. B.: IV, 145, xii)



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Gewinnung von Neuland zu sorgen. Dieses Huntare -System habe
dem Tribunen von Arbon, dem Nachfolger des römischen Kastellkommandanten
, unterstanden ; um 840 sei der Sitz dieses Tribunen
ins Aitrachtal verlegt worden .

Die Meinung Jänichens kann der notwendigen Kritik nicht standhalten
. Seine Annahme , dass es in Alamannien außer den 8 urkundlich
genannten Huntaren keine weiteren Huntare gegeben
habe, ist bei dem lückenhaften Bild, das aus den erhalten gebliebenen
Urkunden zu gewinnen ist , willkürlich . Wenn, was auch
von Jänichen zugegeben wird und aus der Form "in centena Rua-
dolteshuntre" hervorgeht , das lat. Wort centena das althochdeutsche
Wort huntare wiedergibt , beide Begriffe also identisch sind,
dann hat es in Alamannien nicht nur 8, sondern Dutzende von
Huntaren gegeben. Nach Lex Alam. Tit. 36 ist die centena ein
Gerichts - Sprengel gewesen : Die Gerichtsversammlung soll vor
dem Grafen oder Grafenboten und vor dem centenarius , also dem
Vorsteher der centena, stattfinden . Nach den Kapitularien hat
eine Grafschaft aus mehreren Centenen bestanden , der centenarius
ist ein unter dem Grafen stehender Amtsträger gewesen. Im
südlichen Alamannien , aus dem die meisten erhalten gebliebenen
Urkunden stammen, im Thurgau, im Zürichgau und im Nibelgau ,
tritt der centenarius nicht selten neben dem Grafen in der sub-
comite-Formel oder als Spitzenzeuge auf . Nach einer St. Galle-
ner Formel ( MGH Form. S. 435 n. 3 ) hat der Thurgau aus mindestens
drei Centenen bestanden. Der St. Gallener Mönch Notker,
der Stammler hat aus einem Thurgauer Zentenar-Geschlecht
gestammt. Die Stellen, in denen in den Urkunden von St. Gallen
ein centenarius oder centurio genannt wird, sind von Rolf Spran-
del , Das Kloster St. Gallen in der Verfassung des karolingischen
Reiches , 1958 S. 110 Anm. 4 zusammengestellt worden.

Über die germanische Hundertschaft gibt es eine umfangreiche
Literatur , die von Jänichen nicht herangezogen wird. Claudius
Fhr. v. Schwein, Die altgermanische Hundertschaft = Untersuchungen
zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte , 90. Heft
1907 S. 138 bemerkt, dass kein Grund besteht, in den alamanni-
schen Huntaren eine Neubildung der fränkischen Zeit zu sehen .
Die gleiche Meinung wird auch von dem württembergischen Landeshistoriker
Karl Weller, Besiedlungsgeschichte Württembergs
vom 3. bis 13. Jahrhundert, 1938 S. 19 und 25 vertreten . Auch
Adolf Bach, Deutsche Namenkunde , 2. Aufl. 1952 , II, 2 S. 485


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