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Der Mangel an Wald und Weide im frühen Mittelalter
Schon im frühen Mittelalter hat es nicht genügend ortsnahen Wald
und ortsnahe Weide gegeben. So setzt die zu Beginn des 8. Jahrhunderts
entstandene Lex Alamannorum in Tit. 81 den Fall, dass
sich zwei Sippen über die Grenzen ihres Landes streiten . Dazu
Heft II S. 36 : Schon zu Beginn des 8. Jahrhunderts hat bei
den Alamannen eine Landknappheit, ein relativer, auf das
damals besiedelte Gebiet bezogener Mangel an Wald und
Weide bestanden. Sonst wäre nicht zu erklären, dass man
erbittert um Land streitet, dass man das Streitland durch
Setzen von Zeichen und einen Umgang peinlich genau von
dem unbestrittenen Land abgrenzt und dass der Streit durch
gerichtlichen Zweikampf, also unter Aufopferung eines Menschenlebens
, entschieden wird.
Dass es schon im frühen Mittelalter im alamannischen Gebiet zu
vielen Markenstreiten gekommen ist, ergibt sich auch daraus,
dass dafür vom Kloster St. Gallen sogar mehrere Urkundenformeln
entwickelt worden sind. Diese und andere Beispiele sind bereits
weiter oben besprochen worden .
Dafür , dass der Wald schon im frühen Mittelalter knapp gewesen
ist, spricht ferner, dass es schon damals ein Sondereigen an
Wäldern gegeben hat, so nach
Form. Sangall. misc. n. 4 , MGH Form. S. 381 : unam silvam
ad pastum porcorum suae singularis ac propriae potestatis .
Zum Sondereigen an Wäldern bemerken :
Karl-Hans Ganahl, ZRG GA 60, 1940 S. 221 : Das Sondereigentum
an Wäldern und Waldstücken ist kräftig entwickelt.
Fritz Wernli III S. 44 : Die St. Galler Urkunden des 8. und 9.
Jahrhunderts erwähnen einzelne Waldstücke, die Privateigentum
waren. Warum kam jemand auf den Gedanken, für sich
allein eine Waldparzelle zu reservieren, wenn doch jeder im
"Niemandsland" so viel Holz schlagen konnte, als ihm beliebte
? Wäre es jemandem eingefallen, eine Privateichel weide
für seine Schweine zu reservieren, wenn seine Tiere im
"Niemandsland" diese Früchte im Überfluß gefunden hätten ?
Das Argument, es habe keine Markgenossenschaft gegeben,
weil "Niemandsland" im Überfluss vorhanden gewesen sei,
existiert deshalb nicht.
Siegfried Epperlein , Herrschaft und Volk im karolingischen
Imperium 1968 S. 173 : Zusammenfassend ist festzustellen,
dass bereits im frühen Mittelalter Waldbesitz , etwa für die
Schweinemast und den Bezug von Bau- und Brennholz, nicht
nur begehrt , sondern zum Teil heftig umstritten war.
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