Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TM 2001/4932
Schneider, Wilhelm
Überholte Lehrmeinungen zur frühmittelalterlichen Geschichte
Tübingen, 2001
Seite: 147
(PDF, 37 MB)
Bibliographische Information
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Varia

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nicht nötig. Ich möchte mich für die zweite Möglichkeit
entscheiden. Hätte der Heimbürge bedeutendere gerichtliche
Funktionen gehabt, so müsste er einmal in den nicht ganz
seltenen Aufzählungen der fränkischen Gerichts- und Verwaltungsfunktionäre
genannt sein . Der Glossator wollte m.
E. sagen, dass der Heimbürge die Sachen richtet, die nicht
in die Zuständigkeit des Grafen oder des Tribunen fallen.
Dies eben sind, so wird man weiter schließen müssen, Angelegenheiten
der bäuerlichen Wohn- und Wirtschaftsordnung
. Bestätigt wird dies durch die Etymologie : heimburgo
ist derjenige, der die Wohnstätte, die Siedlung schützt , und
bestätigt wird dies auch dadurch, dass die vicini es sind, die
den Heimbürgen wählen. Ich möchte die Vermutung wagen,
dass das Heimbürgengericht der Schlettstatter Vergilglossen
kein "staatliches" Gericht ist, sondern ein genossenschaftliches
Gericht von unten her, Gericht der "Willkür und Einung",
wie man nach dem bedeutenden Buch Ebels wird sagen
müssen.

Auch der Heimbürge des späten Mittelalters und der beginnenden
Neuzeit wird von den Dorfbewohnern gewählt, auch er hat richterliche
Aufgaben. Dazu die in Heft XXIV S. 132 angeführten
Weistümer.

Eine frühmittelalterliche Einung

In der Formel n. 9 der Form. Sangall. misc. ( MGH Formulae S.
283) geht es um die Markscheidung zwischen einer klösterlichen
Zelle auf der einen Seite, und den übrigen Gauleuten ( pagenses )
auf der anderen Seite. Ein großer Wald ( saltus ), der zu mehreren
Orten gehört, wird in der Weise geteilt, dass ein bestimmter ,
genau abgegrenzter Teil der Hofrechtsgemeinde ( familia ) der
klösterlichen Zelle zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen wird,
während am übrigen Teil des Waldes die Gauleute und die Hof-
rechtsgemeinde die Nutzung gemeinsam haben sollen.
Dann aber heißt es :

... mit der Maßgabe, dass der Förster des Klosters die
Gauleute ermahne und man sich einige, nicht durch übermäßiges
Schlagen der eicheltragenden Bäume sowohl sich
selbst zu schaden, als auch sich als Feinde des heiligen
Ortes zu erweisen. Wenn sie nicht auf ihn hören, soll der
Verwalter jenes Ortes den Grafen oder dessen Stellvertreter
und die übrigen Vornehmen als Zeugen aufbieten, damit sie
durch deren Kundschaft ( auctoritas ) zur Gerechtigkeit gebracht
werden. Wenn sie aber jenen nicht zustimmen, solien
sie gezwungen werden, vor dem Gericht des Kaisers zu erscheinen
.


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