Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TM 2001/4932
Schneider, Wilhelm
Überholte Lehrmeinungen zur frühmittelalterlichen Geschichte
Tübingen, 2001
Seite: 171
(PDF, 37 MB)
Bibliographische Information
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nenen Arbeiten macht Hans Jänichen den Versuch, dem Flurnamen
Boll, Bol oder Bohl eine andere als die herkömmliche Deutung
zu geben . Dazu

Oskar Bandle , ZWLG 24, 1965 S. 169 : Jänichen versucht, die
mit dem Wort Boll, Bol gebildeten Flurnamen als "institutionelle
" Namen zu erklären . Während man sie früher als
"bloße" Geländenamen auffasste, glaubt Jänichen, an Hand
gewisser sprachlicher und sachlicher Indizien wahrscheinlich
machen zu können, dass dem Bol eine bestimmte Funktion
im Rahmen der mittelalterlichen Siedlung zukam. Da das
Wort in einer solchen Bedeutung nicht überliefert und die
Verbreitung der Bold)-Namen auf das Altsiedeiland beschränkt
ist , muß er annehmen, dass es sich vor Allem auf
Institutionen der frühmittelalterlichen Siedlung bezog, wozu
nach seiner Meinung auch das auf Verblassen des Wortsinns
deutende Schwanken des gramatikalischen Geschlechts in
den urkundlichen Belegen stimmt. Jänichen vermag allerdings
diese ursprüngliche Bedeutung nicht eindeutig zu erschlies-
sen, sondern lässt zwei Möglichkeiten offen . Entweder sei
ein Bohl "ungenutztes, in Reserve gehaltenes Land" gewesen
oder das Wort habe ursprünglich das gesamte Wirtschaftsland
der vor dem 7. Jahrhundert bestehenden Ursiedlungen
bezeichnet und sei in der späten Merowinger- und in der
Karolingerzeit durch die neu aufkommenden Brühl und Breite
teils auf das Wirtschaftsland von Neusiedlungen ( woraus
Bol als Ortsname ) , teils auf das Weideland in der Nähe von
Altsiedlungen eingeschränkt worden. Wesentliche Voraus-
setzng für den zweiten Deutungsvorschlag bildet die vermeintliche
Parallele des skandinavischen Wortes bol mit
Bedeutungen wie "Wohnstätte, Bauernhof, bestimmte Stücke
der Feldflur" u. drgl. . Dabei stützt sich Jänichen auf einen
Hinweis Karl Siegfried Baders, der auf das Vorkommen von
bol in Skandinavien - wo er es im Anschluß an Wührer als
Pflugland auffasst - aufmerksam macht und das oberdeutsche
mit dem nordischen Wort ohne Weiteres identifiziert .
Bader unterstreicht dann auch in einem kurzen Nachtrag zu
Jänichens Aufsatz nochmals die Bedeutung des nordischen
bol für das Bohl-Problem im Schwäbisch -Alemannischen und
hält fest, dass es trotz aller offenen Fragen "mit der altväterlich
-genügsamen Erklärung alier Bole als Hügel" o. ä.
nicht mehr getan sei, sondern dass dieses Namenswort auf
jeden Fall in Zusammenhang mit der Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte
gesehen werden müsse . In Bezug auf die
oberdeutsch-nordische Parallele gibt er allerdings zu, dass
das nächste Wort die "Sprachgermanisten" zu sagen hätten.

Mit seiner Deutung des Bol als "ungenutztes, in Reserve gehaltenes
Land" bringt Jänichen gewiss nichts Neues . Wie bereits dargelegt
wurde, ist es unbestritten , dass die Fluren mit der Bezeichnung
Boll, Bol oder Bohl als Ackerland wenig brauchbar gewesen
sind und meist zur Allmende , also zu dem für spätere
Rodungen vorgesehenen Land, gehört haben. Jänichen übersieht


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