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von Embryonalanlagen durch Implantation artfremder Organisatoren. 633
der Umgebung des Uramnds zu Ektoderm oder Ento-Mesoderm wird,
je nachdem es bei der Gastrulation außen bleibt oder sich nach innen
einstülpt. Für die indifferenten Keimbezirke zeigen dies letztere in
völliger Klarheit die neuesten Versuche von 0. Mangold (1922 und 1923)
die Versuche von W. Vogt dehnen es auf die Teile in der Nähe des
Urmundes aus.
Vollkommene Selbstdifferenzierung scheint aber auch nicht nötig,
um einen induzierenden Einfluß des Implantates über den Anstoß zur
Gastrulation hinaus zu ermöglichen. Bestimmt gerichtete Entwicklungstendenz
und Regulationsvermögen schließen sich nicht notwendig
aus. Zur Klärung dieses Punktes könnten Experimente dienen, durch
welche die einzelnen Bereiche des Organisationszentrums auf ihre Wirkung
geprüft werden. Wenn z. B. ein Stück aus dessen seitlichem
Rande nachher in der von ihm induzierten Embryonalanlage auch
seitlich liegen sollte, so würde das wohl zeigen, daß es im Augenblick
der Entnahme schon irgendwie als seitlich bestimmt war, daran auch
nach der Implantation festhielt und seine Umgebung dementsprechend
beeinflußte. Oder wenn die Vollständigkeit der sekundären Embryonalanlage
eine verschiedene sein sollte, je nach der genaueren Herkunft des
Organisators, so würde auch das auf eine Verschiedenheit innerhalb
des Organisationszentrums hindeuten, welche schwerlich durch eine
bloße Anregung zur Gastrulation auf die induzierte Embryonalanlage
übertragen werden könnte.
Schon jetzt ist wenigstens so viel wahrscheinlich, daß die Möglichkeit
einer von Zelle zu Zelle fortschreitenden determinierenden Wirkung
besteht, und zwar nicht nur, wie es auch die erste Annahme fordert,
für die Zeit kurz nach der Implantation, wo man ohne die Annahme
einer Einwirkung auf die Umgebung kaum auskommen wird, sondern
auch für spätere Entwicklungsstadien. Unter den mehrfach erwähnten
neuesten Versuchen von 0. Mangold (1922 und 1923) sind einige, deren
Fortführung zur Entscheidung der fraglichen Punkte beitragen könnte.
Wenn präsumptive Epidermis in die Einstülpungszone einer beginnenden
Gastrula eingepflanzt in den Bereich der Urwirbel gerät, so nimmt
sie dort an deren Aufbau teil. Dabei läßt sich zunächst nicht entscheiden
, wann und auf welche Weise die Determination dieser indifferenten
Zellen stattgefunden hat. Sie könnten schon bald nach der Verpflanzung
in die obere Urmundlippe deren Charaktere angenommen und auf
Grund dieser ersten Determination an allen späteren Schicksalen ihrer
Umgebung teilgenommen haben. Diese Erklärung stößt aber auf Schwierigkeiten
in jenen Fällen, wo das Implantat nachher nicht glatt in seine
Umgebung eingefügt erscheint, sondern Überzähliges gebildet hat.
Hier drängt sich unmittelbar der Eindruck auf, als sei der determinierende
Einfluß vom Urwirbel ausgegangen und habe das angrenzende indif-
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