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636 H. Spemann und Hilde Mangold: Über Induktion
Punkte gibt, von denen die Determination ausgeht. Es ist daher nicht
überraschend, daß sie auch schon früher vertreten worden ist. So
deuten einige Sätze in Boverts Arbeit über die Polarität des Seeigeleies
(1901) auf eine der unseren verwandte Anschauung hin. Es wird von
Bovert die Möglichkeit erwogen (a. a. O., S. 167), daß im Seeiegelkeini
»jeder Bereich der Blastula bereit ist, Mesoderm zu bilden oder sich
einzustülpen, und daß die Lokalisierung auf einen Punkt dadurch bewirkt
wird, daß sich an einem Bereich diese Prozesse leichter einleiten
als an allen anderen. Hat hier die Differenzierung begonnen, so werden
von hier aus alle anderen Bereiche durch eine Regulation.....in ihrer
Rolle bestimmt. Daß aber ein solcher Vorzugsbereich da ist, dies erklärt
sich aus der nachweisbar verschiedenen Plasmabeschaffenheit in
den verschiedenen Bereichen des Eies«. Diese Sätze werden dann
später (a. a. 0., S. 170) dahin eingeschränkt, »daß von einer gewissen
Zone an im animalen Bereich des Eies diejenige Plasmabeschaffenheit,
die zur Gastrulation nötig ist, nicht mehr oder nicht in genügender
Menge vertreten ist«.
Für den Triton-~Keim wurde kurz darauf (Spemann 1903, S. 606)
eine ähnliche Möglichkeit erwogen.
Die früher bekannten Tatsachen genügten aber nur, um den Begriff
eines Ausgangspunktes für die Differenzierung aufzustellen, nicht aber,
um das wirkliche Vorhandensein derartiger Zentren nachzuweisen.
Zu diesem Nachweis genügt es nicht, den zu prüfenden Bereich, welchen
man für ein solches Zentrum hält, vom etwaigen Felde seiner Wirksamkeit
zu trennen; man muß ihn mit anderen ihm sonst fremden Teilen
in Berührung bringen, an welchen er seine Fähigkeiten erweisen kann.
Das ist wohl zum ersten Male bei den embryonalen Transplantationen
im C4astrulastadium geschehen. Dabei wurde das Organisationszentrum
an Ort und Stelle gelassen und ihm indifferentes Material gewissermaßen
zur Verarbeitung vorgelegt. Eine viel tiefer eindringende Analyse
gestattet aber die Transplantation des Organisationszentrums selbst
und seiner Teile der Organisatoren, womit in dieser Arbeit ein erster
Anfang gemacht worden ist. Die neuen Möglichkeiten, die sich dadurch,
namentlich bei Kombination mit heteroplastischer Transplantation,
eröffnen, sind vorläufig noch nicht zu übersehen. Einige gangbare
Wege weiteren Vordringens sind auf vorstehenden Seiten angedeutet.
Dagegen ist es für den Augenblick von untergeordneter Bedeutung,
ob sich die Begriffe des Organisators und des Organisationszentrums
bei weiter vorgeschrittener Analyse noch als zweckmäßig erweisen
werden, oder ob sie durch andere mehr ins Einzelne gehende Bezeichnungen
zu ersetzen sind. Schon jetzt ist zu sagen, daß der Begriff des
Organisators der grundlegende ist und mit dem Organisation »Zentrum «
nur der Keimbezirk bezeichnet werden soll, in welchem die Organisa-
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