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§ 1. Nur das reine Verbieten ist rein zu verbieten.
§ 2. Bestraft werden hinfort nur solche Menschen, die selber bestrafen.
Jedes Kind ist berechtigt, einen Straf an trag gegen seine Eltern
zu stellen, wenn es von diesen bestraft wird.
§ 34 Den Gerichten wird ausser im Falle des § 2 die Befugnis zur
Verurteilung entzogen. Sie haben sich auf Feststellungsurteile
zu beschränken. Wäre beispielsweise jemand nach den bisherigen
Gesetzen zu fünf Jahren Ehrverlust zu verurteilen gewesen, so
hätte das Urteil wie folgt zu lauten: „Es wird festgestellt, dass
der x y infolge dieser oder jener Vorgänge die Fähigkeit zur
Bekleidung.öffentlicher Ämter auf fünf Jahre verloren hat."
Tatsächlich würde also anfangs sehr wenig am Gesetze geändert
werden. Es fiele nur die Missbilligung des Tuns oder des Unterlassens
des Delinquenten fort. Sein sittliches Selbstbestimmuugsrecht
wäre voll anerkannt. Wir Brklärten: „Tue, was Du willst. Die
Kosten jedes Wirkens sind im Gesetze festgelegt: Du wreisst also,
wie teuer wir jede sittliche Ware verkaufen." Im Laufe der Zeit
freilich würde das ganze Gesetz ein anderes Gesicht bekommen, denn,
hat der Mensch erst seine sittliche Willensfreiheit wiedererlangt, so
wird er bald auf der ganzen Linie frei. Dabei stünde die ganze Befreiungsaktion
von vorneherein im Zeichen des guten Willens zwischen
dem Staate und seinem Gliede. Sagt nämlich der Staat zu seinem
Gliede: „Ich achte deinen freien Willen als solchen und mache Dich
nicht zu meinem moralischen Sklaven", so denkt das Glied natur-
gemäss: „Dann werde auch ich den freien Willen des Staates achten*
Ich werde den Staat nicht zü meinem sittlichen Sklaven machen,
indem ich überall in das öffentliche Becht mit sittlichen Auffassungen
hineinpfusche, die in das Gebiet des Privatrechts hineingehören." Wir
müssen nämlich festhalten, dass insbesondere unsere religiöse geschlechtliche
Moral aus Zeiten herstammt, in der der Staat noch viel
zu schwach war, um als Fundament der Moral dienen zu können und
nur die Familie als Fundament für die Moral in Betracht kam. In
der Familie lässt sich aber das Ideal Gottes, die paritätische Gleichberechtigung
zwischen den Dualismen, nur auf dem Wege der monogamen
, auch ltdisch möglichst unscheidbaren Ehe verwirklichen.
Andererseits können wir alle Gebote des Eassegesetzes niemals im
engen Rahmen der Familie zur Vollendung bringen. Die Natur musste
daher bis jetzt die Einseitigkeit der Familienmoral durch Kriege,
Frauenraub, Sklaverei und Prostitution wieder wett machen. Alle
diese Unschönheiten lassen sich nur beseitigen, indem wir vom Erdstaate
und vom Wohle der Menschheitsrasse ausgehen und die Familie
nicht aufheben, wohl aber die Privatehe durch die Menschheitsehe und
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