http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/sphinx_zo_dog/0088
In Deutschland erregten die Horoskope und sonstigen Aussagen
aus den Sternen durch Johann Cario, dem Hofastrologen Joachims I.
von Brandenburg, großes Aufsehen. Cario prophezeite, daß ein Mitglied
der brandenburgischen Kurfürstenfamilie die Königs-, ja sogar die
Kaiserkrone erhalten sollte, was die spätere Geschichte bewies.
Wallenstein, der Feldherr der katholischen Heere im dreißigjährigen
Kriege, wurde durch seinen Hauslehrer nnd Reisebegleiter,
dem Mathematiker Wirdung, in die Astrologie eingeführt. Später
begleitete ihn sein Astrologe Giambattista Zenno, der unter dem
Namen Seni bekannt geworden ist.
Der große französische Politiker, Kardinal Richelieu, fragte
gleichfalls in schwierigen Lagen oft die Astrologie um Rat und muß
als Anhänger dieser Wissenschaft bezeichnet werden.
Der Stern am Dichterhimmel und Universalwissenschaftler Goethe
hat sich selbstverständlich auch mit der Astrologie befaßt, und wie er
die Sache auffaßt, legte er in seinem „Faust" trefflich in den AVorten nieder:
Wie alles sich zum Ganzen webt,
Eins in dem andern wirkt und strebt,
Wie Himmelskräfte auf- und niedersteigen,
Und sich die goldnen Eimer reichen. — —
An anderer Stelle spricht er ganz klar und deutlich:
Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,
Die Sonne stand zum Gruße der Planeten,
Bist alsobald und fort und fort gediehen
Nach dem Gesetz, wonach du angetreten.
So mußt du sein: dir kannst du nicht entfliehn:
So sagen schon Sybillen, so Propheten,
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
Gegrägte Form, die lebend sich entwickelt.
Und sollte Leibnitz etwas anderes als die Astrologie gemeint
haben, als er den Ausspruch tat: „Cognata ad sidera tendit"*).
Was uns jedenfalls an der Astrologie besonders auffallen muß,
ist die Tatsache, daß zu allen Zeiten bis in die letzten Jahrhunderte
hinein die höchsten Herren und die bedeutendsten Gelehrten sicli mit
ihr ernstlich beschäftigten, und sie in der Mehrzahl mit großer
Stimmenmehrheit bejahten und sich ihre Vertretung sehr angelegen
sein ließen.
Die rein materielle Strömung der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts
hat mit der ihr nachhinkenden rein materiellen Wissenschaft
ungeheure geistige Werte verschüttet und brach gelegt. Allen Widerwärtigkeiten
zum Trotz aber schufen in aller Stille geistvolle Männer
*) Verwandtes sucht, der zu den Sternen strebt.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/sphinx_zo_dog/0088