Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z2a
Sphinx: Zeitschrift für praktischen Okkultismus; Zentralorgan der Deutschen Okkulten Gemeinschaften
Augsburg, 1.1919/20
Seite: 87
(PDF, 83 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



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Praktischer Okkultismus.

Die Entwickelungsgeschichte des Menschengeschlechts führt uns
über himmelhohe Berge und durch tiefgrausige, nachtschwarze Täler.
Welch enormer Kraftverbrauch bei dem Ringen des sehnenden Menschen-
herzens im Kampf mit dem Prinzip des Bösen und des starren Materie
zu konstatieren ist, sehen wir schon an dem beängstigenden Rückgang
der Lebensdauer des Menschen. Das biblische Geschlechtsregister
1. Mose 5 zeigt uns die Lebensdauer der Patriarchen in der respektablen
Länge von 800—900 Jahren. Die Allgemeinheit hat ja nun
zwar die billige Ausrede, daß die Jahre damals noch nicht so lang
gewesen seien. Woher diese klugen Leute ihre Weisheit schöpfen, ist
uns allerdings unbekannt. Sollte die Sonne damals wirklich ihre Bahn
durch den Weltraum um die Erde schneller vollendet haben als jetzt?
Respektive die Erde um die Sonne? Es. wird doch deutlich genug in
der Bibel von Sommer und Winter, Tag und Nacht gesprochen.

Aber selbst, wenn wir leichtfertig die biblischen Berichte als
Mythen betrachten, so miißen wir doch, wenn wir ehrlich sein wollen,
anerkennen, daß in den alten Mythen eine tiefere Weisheit und Wahrheit
steckt, als in dem nutzlosen Geschwätz der Moderne. Wir haben
nur .das Lesen verlernt, das Verstehen des Sinnes, der in den Worten
liegt. Ach wenn wir doch wieder Männer hätten, die dem Wehen des
Geistes im toten Wort nachspüren anstatt mit einem Phrasengeklingel
mühsam aufgelesener alter Wissenschaften, die ihnen selbst ein Buch
mit sieben Siegeln sind, einer breiten Menge zu imponieren. Auch
von ihnen gilt das Wort des Apostel Paulus: „Sie haben den Schein
eines gottseligen Lebens, aber seine Kraft verleugnen sie." Die
tyrannische Gewalt des heidnischen und päpstlichen Rom hat Glauben
und Wissen so gebunden und dogmatisiert. daß zum Schluß nur noch
die tote Form übrig geblieben ist. Der Geist der Wahrheit duldet
keine Fesseln, er ist entflohen. Wir haben den Schlüssel zu den
Mysterien verloren, und die Wenigen, die was davon erkannt, und
töricht genug ihr übervolles Herz nicht wahrten, dem Pöbel ihr
Gefühl, ihr Schauen offenbahrten, hat man von je gekreuzigt und
verbrannt.

Dafür haben wir jetzt prunkvolle Zeremonien, klingende Gesänge
, betäubende Feiern bei Weihrauchdunst und Schein von tausend
Kerzen, — und wenn der ganze Schwindel vorbei ist, so gehen alle
Leute genau so leer und arm als sie kamen, dafür aber um eine wertvolle
Stunde ihres Lebens ärmer. Und die Reden? — Ach, eure
Reden, die so blinkend sind, mit denen ihr der Menschheit Schnitzel
kräuselt, sind unerquicklich, wie der Nebelwind, der herbstlich durch
die dürren Blätter säuselt.


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