Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z2a
Sphinx: Zeitschrift für praktischen Okkultismus; Zentralorgan der Deutschen Okkulten Gemeinschaften
Augsburg, 1.1919/20
Seite: 109
(PDF, 83 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
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- m -

Der Mutter Rüge.

Maritha Noah.

Vom Schloß zu Wiborg flattern Trauerfahnen halbmast im Nordwind durch die
kalte Luft. Auf hohem Katafalk im Saal der Ahnen liegt stumm die Gräfin u. d in
stiller Gruft ruht lange schon Graf Hjalmar. Der junge Majoratsherr Axel irrt im
Park, er weiß den schweren Schlag noch kaum zu fassen. Entwachsen aus der Schule
engem Raum, soll er das Liebste, soll die Mutter lassen? Wie hat sie liebevoll mit
sanfter Hand des wilden Knaben Übermut gezügelt, wie hat sie ängstlich sorgend
Tag und Nacht der schwarzen Sünd den Weg zu ihm verriegelt. Wie hat sie betend
mit gebeugtem Knie, mit Tränen um ihr Kind vor Gott gerungen, bis auch die
angeerbten Fehler sie aus ihres Knaben Herz hinausgezwungen. Sie hat voll Liebe
ihm den Weg gezeigt, ihr ernstes Auge hat ihn nur gerügt und Axel hat sich willig
ihr geneigt und innig an die Mutter angeschmiegt. Der Bund der beiden war, wie
stets soll sein und nun liegt tot sein liebes Mütterlein.

Gedankenlos, vom Schmerze ganz verträumt, lenkt Axel weiter seine müden
Schritte bis zu dem Platz, wo ganz vom Laub umsäumt liegt ein Kapellchen in der
stillen Mitte. Mit seinem Schmerze ganz allein zu sein, schließt er sich in die heil'ge
Stätte ein. Jetzt beugt er seine Knie, er will sich Trost erbeten fürs wunde Herz,
da schläft er ein und träumt. Er sieht die Mutter wieder vor ihn treten im letzten
Kleid und ihre Stimme spricht: „Ich komme wieder Axel, weine nicht8!" — Und aus
dem ernsten, tiefen Mutterauge trifft ihn ein langer, sanfter Liebesblick, dann weicht
sie Schritt für Schritt von imn zurück, bis sie im Dunkel des Gewölbs verschwindet
und Axel sich getröstet wiederfindet.

Nun ist er wieder froh, im Herzen keimt der Glauben, was mich so treu geliebt,
kann auch kein Tod mir rauben.

Das Leben hat sich Axel bald gewandelt, doch war er stark und hat als Mann
gehandelt. Sein Mütterlein hat er noch nie vergessen, stets ging er zur Kapelle
heil'gem Ort, und kaum hat er ein Weilchen dort gesessen, erschien die Mutter ihm
im Traume dort. Sie hielt beratend Wacht an seiner Seite und gab als Schutzgeist
ihm ein treu Geleite. Mit leiser Stimme gab sie immer Rat, wo er auch stand und
was er immer tat.

Die Jahre fliehn, es ändern sich die ZeiteD. Es zieht den Grafen in die Welt
hinaus. Es geht ihm just wie allen jungen Leuten, ihm wirds zu eng im stillen
Heimathaus. Nach Stockholm steht sein Sinn, wo auf der Schul' er war, wohin mit
In st'gen Br'efen lockt der Freunde Schar.

Kaum war zur Residenz er eingezogen, da kam auch der Versucher angeflogen.
Erst hat sein biedrer Sinn sich aufgebäumt, doch bald hat er den treusten Freund
versäumt. Ein geiles Gift im Blut, vom Vater übernommen, ist auch in Axels Herz
alsbald zur Herrschaft kommen.

Die wilde Maja, ein Kosackenmädchen vom fernen Ural tritt im Zirkus auf.
Mit heißem Blick die wilden Pferde lenkend, umgarnt sie Axels Herz im schnellen
Lauf. Der Mutter Stimme warnt auf allen Wegen, doch war er der Sirene unterlegen
. —--Auf weichem Pfühl in sturmdurchtobter Nacht hat er dem Herrn der

Welt Tribut gebracht. — Und wie er sie noch eng umschlungen hält, der Regen
prasselnd an die Scheiben fällt, der Mutter Stimme in der Windsbraut klagt: „Damit
mein Kind, hast Du mich nun verjagt! Nun kann ich nimmer zu Dir wieder kehren
und niemals wirst Du meine Stimme hören. Warum, o Axel, hast Du das getan,
nun geht mein Leidensweg von neuem an!" — — Und zitternd, totenbleich springt
auf der junge Mann, da schlägt sie eine gelle Lache an. Voll Ekel blickt er auf die
Dirne nieder, voll Hohn ihr frecher Blick lacht sie nun wieder. Und ohne Blick und
Gruß tat Axel gehen, und ließ sich nie in Stockholm wieder sehen.


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