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Die Sünde wider den Heiligen Geist.
Von Friedrich Graf von und zu Egloffstein
auf Kromlau.
I. Ihre Bedeutung.
Die Bedeutung der Sünde wider den Heiligen Geist ermessen
wir am besten, wenn wir sie als den reinen Irrtum oder als den
Urheerd aller Irrtümer und Geisteskrankheiten ansehen. Solange dieser
Grundirrtum nicht beseitigt ist, hat es gar keinen Zweck, gegen Teilirrtümer
oder gegen Symptome des Wahnsinns vorzugehen, weil aus
dem Urheerde die Nebenerscheinungen stets von neuem erstehen.
Keine bedingte Wandlung, kein körperlicher, geistiger oder politischer
Tod, kein Übergang aus einem bedingten Diesseits - in ein bedingtes
Jenseits vermag an sich die Sünde wider den Heiligen Geist zu
beseitigen.
Das französische Volk gihg in seiner großen Revolution von
einem politischen Diesseits in ein politisches Jenseits über; da
es aber die Sünde wider den Heiligen Geist nicht ablegte, gesundete
es nicht, vielmehr erstanden seine alten Gebresten in neuer Gestaltung.
Genau so ist auch Menschen, welche die Sünde wider den Heiligen
Geist nicht ablegen, weder im Diesseits noch im Jenseits zu helfen.
II. I h r W e s e n.
Das Wesen der Sünde wider den Heiligen Geist besteht in einer
Verwechselung des rein Negativen, Nichtseienden oder Dichterischen
mit dem rein Positiven, Seienden und Wahren. Wir begehen die
Sünde wider den Heiligen Geist stets, wenn wir irgend etwas nicht
rein Positives und Mögliches rein bejahen. Todsünden liegen also vor,
wenn wir die irdische freie Liebe, den irdischen Ehebruch (die
Scheidung) und den irdischen Totschlag rein verurteilen und verbieten.
Ebenso todsündenhaft wäre es aber,-wollten wir auch nur ein einziges
biblisches Gebot rein verneinen und aufheben, bevor wir es nicht im
reinen göttlichen Sinne erfüllt hätten. Diese göttliche Erfüllung des
Gesetzes besteht darin, daß wir es seiner Bedingtheit entkleiden und
den grundsätzlichen Sinn herausschälen. Beispielsweise ist der reine
Sinn des Verbotes der Ehescheidung in dem Gesetze von der unseheid-
baren Einheit aller Dualismen zu suchen, während die Erfüllung des
Verbotes zu töten in der Erkenntnis besteht, daß wir kein Ding,
Wesen oder Geschehen seines reinen (ewigen) Lebens berauben dürfen
und können.
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