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Klar freilich sehen wir. wenn wir sachlich vorgehen und von der
P>kenntnis ausgehen, daß die Begriffe göttlich, absolut und gut
identisch seien. Hier tritt nun zuerst die Frage an uns heran, ob
wir daun das Relative, Begrenzte und Bedingte als dem
Absoluten, Göttlichen antipodal und darum als böse anzusehen hätten?
Ich verneine diese Frage durchaus. Wie ich schon verschiedentlich
erwähnt habe, ist das Relative, Begrenzte und Bedingte einfach
als die Dichtung, nicht aber als die Lüge oder als die Verneinung der
absoluten All-Einheit oder Gottes anzusehen. Die Dichtung ist aber
als solche mit der Wahrheit durchaus vereinbar. Unsere deutsche
Sprache hat uns in dieser Beziehung einen bösen Streich gespielt, indem
sie das Absolute, Göttliche als unbegrenzt und als unbedingt bezeichnet
es auf diese Art als unvereinbar mit dem Wesen des Begrenzten
, Bedingten oder Menschlichen hinsteilend und dadurch dem
Menschlichen den Stempel des üngöttlichen oder des Bösen aufdrückend.
Fast alle Geisteskrankheiten beruhen auf diesem Denkfehler. Hält
jemand nämlich das Absolute für unbegrenzt und für* undedingt
(bedingungslos), so muß er natürlich alle Begrenzungen, Bedingungen
und Hemmungen verwerfen, sobald er die absolute All-Einheit alles
Seins als sein eigenes reines Selbst erkennt. Aus diesem Grunde
bezeichne ich auch das Absolut als das Alldurchdringende, durchbegrenzt
und durchbedingt. Wir sind frei vom Gesetze (von den Bedingungen
des Seins), sobald wir alle seine Bedingungen erfüllen, denn im Gegensatze
zum unvollkommenen menschlichen Gesetze kennt das vollkommene
göttliche Gesetz nicht eine einzige unerfüllbare Bedingung, kein einziges
bedingungsloses Verbieten eines besehbaren Duldens oder eines
besehbaren Tuns.
Die Frage, was nun böse sei, können wir am besten an der
Hand eines praktischen Beispiels lösen. Bekanntlich beruht jedes
körperliche (sinnliche), grundsätzliche (geistige) und willensmäßige
(sittliche) Sondersein und Sondereigentum auf dem Wesen der Begrenzungen
, ist also relativer oder göttlich gesprochen dichterischer
Art. Sobald jemand also den absoluten Wert, den wirklichen Wert
oder den Hauptwert auf sein Sondersein und auf sein Sondereigentum
legt, handelt er böse, legt er aber nur einen begrenzten und bedingten
Wert auf dieses Soüdersein und dieses Sondereigentum, so handelt er
gut, denn an sich ist nichts böse, böse wirdeinDing,
Grundsatz oder Wesen für uns erst, wenn wir ihm
eine Stellung einräumen, die ihm der göttlichen,
absoluten Ordnung der Dinge nach nicht zukommt.
Da nachweisbarerweise das geschlechtliche Sondereigentum (die
Ehe) die Grundlage jedes Sonderseins und Sondereigentums innerhalb
der Tierwelt bildet, zu der der Mensch als der Aristokrat unter den
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