Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z2a
Sphinx: Zeitschrift für praktischen Okkultismus; Zentralorgan der Deutschen Okkulten Gemeinschaften
Augsburg, 1.1919/20
Seite: 299
(PDF, 83 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/sphinx_zo_dog/0303
- 299 -

Am Bahnhof in X., wo das bewußte Landhaus lag, erwarteten mich die
Herren V. senior und junior. Der erstere war, seit ihn nicht mehr gesehen hatte^,
sehr stark ergraut und sah gar nicht aus, als ob er Ohne Sorgen wäre, und der
junge August, von mir kurzweg Gustl genannt, war ein hochaufgeschossener Mensch
geworden, blaß und schmal; er sah eher wie ein beginnender Theologe als wie ein
Forstakademiker aus. Er studierte an der Forstakademie und war in den Ferien
nach Hause gekommen.

Das Landhaus lag 25 Minuten vom Bahnhofe entfernt auf einer Anhöhe und
sah mit seiner altertümlichen Bauart und dem Kugcltttrmchen wie ein kleines Schloß aus.

Ich sagte dies zu meinen Begleitern und sie erklärten mir, daß es früher der
Landsitz eines recht weltlich gesinnten Bischofs gewesen sei und nach vielen Ver*
änderungen, Verkäufen usw. erst in den Besitz ihres verstorbenen Onkels, des ehemaligen
Kammersängers T., der es nach seinem Rücktritt von der Bühne noch
35 Jahre bewohnte, gekommen wäre.

Ieh fand das sehr romantisch, und meine allzeit rege Phantasie hatte wieder
einmal ein rechtes Feld, gefunden.

Am Eingange zu dem kleinen Parke und dahinter liegenden Obstgarten
empfingen mich Frau und Fräulein V. recht herzlich, und die Lilly, die Tochter, um-
* klammerte mich in der Wicderschensfreude wie ein Ertrinkender den Rettungsgürtel.
Man führte mich ins sogenannte Gartenzimmer, einen sehr großen und dunkel getäfelten
Raum, der als Wohn- und Empfangszimmer diente, mit sfchr schönen und
wertvollen Möbeln, die, wie man mir. sagte, gleich der ganzen Einrichtung, mit ererbt
waren. Sogar der Flügel am Fenster war streng im Stile des Ganzen, und meine
erste Frage war, ob der Ton des Instrumentes der schönen Außenseite glich. .

Da meine Frage anscheinend überhört wurde, ich aber als fanatische Musikantin
keine Ruhe hatte, bis ich den Flügel probieren konnte, so richtete ich nachmittags,
als so recht die Zeit des Musizierens gekommen war, die Frage an Lillj, ob ich mal
den Ton des alten Instrumentes da am Fenster untersuchen dürfe.

Mein Ansinnen brachte die ganze Familie in Erregung; man fing an von ganz
anderen Dingen zu reden, man lobte den Garten und die herrliche Umgebung; man
führte mich auf eine kleine Anhöhe beim Hause, spazierte dann mit mir trotz der
glühenden Nachmittagshitze an dem künstlich angelegten Weiher umher, und als
man meine Schweigsamkeit dahin deutete, daß man mich vom Musizieren abhielte
und also dadurch meine gute Laune verderbe, da blieb mir nichts anderes übrig, als
geradezu zu fragen, ob man denn im Gegensatze von früher in der Familie V. die
Musik verpöne.

Es trat ein Schweigen ein nach meiner Frage, bis endlich Herr V. sich zu
mir wandte, meine Hände ergriff und sagte:

„Liebes Fräulein, wir sind Ihnen eine Erklärung schuldig und dies um so
mehr, als wir von Ihrem klaren Geiste, Ihrem bekannten Mute und Ihrer Ehrlichkeit
einen guten Rat oder sogar Hilfe erwarten."

Wir setzten uns im Garten unter eine wundervolle, alte Eiche und Herr%V. erzählte:

„Als wir, d. h. meine Frau, diesen Landsitz nebst einem beträchtlichen Vermögen
erbten, konnte ich die Wünsche meiner Kinder bezüglich ihres Studiums
schneller und auf bessere Weise erfüllen, als ich es als Postsekretär mit gutem,
aber doch bei größter Sparsamkeit zu Extraausgaben nicht ausreichendem Gehalt
gekonnt hätte. Meine beiden Jüngsten, die Ella und den Joseph, schickte ich also
gleich auf die Kunstschule nach M. Gustl konnte, ohne Knauserei zur Forstakademie,
und Lilly wollte sich bei einer ersten Lehrkraft zur Konzertsängerin ausbilden lassen.
Dies letztere Vorhaben scheiterte an der Verlobung unserer Lilly mit dem Lehrer
des hiesigen Ortes.

22*


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/sphinx_zo_dog/0303