Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z2a
Sphinx: Zeitschrift für praktischen Okkultismus; Zentralorgan der Deutschen Okkulten Gemeinschaften
Augsburg, 1.1919/20
Seite: 302
(PDF, 83 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
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armen Mädel übpr die Wangen, das Licht der Kerzen, die auf dem Flügel standen
beleuchteten ihr sympathisches, todblasses Gesicht und ein tiefes Mitleid erfaßte mich.
Ich streichelte ihr Haar und auf einmal bekam ich den Einfall mitzusingen.

Sofort hörte die Männerstimme auf zu tönen, und Lilly sank mir, wie erwacht
aus einem Bann, an die Brust. Ich brachte sie in ihr Zimmerchen und saß so lange
an ihrem Bette, bis sie fest einschlief.

Am andern Vormittag traf mein guter Dasio ein und nahm sich gleich mit
Feuereifer der Sache an. Es wurden acht Tage* lang Sitzungen abgehalten, ohne
eine Veränderung zu bringen. Am 9. Tage jedoch, nachdem selbst Freund Dasio
schon anfing, den Mut zu verlieren, verfiel Lilly bei der Sitzung in magnetischen
Schlaf und ich in eine ArTEkstase bei halbem Bewußtsein; ich rief den verstorbenen
Kammersänger an, gebot ihm, sich durch Wort oder. Schrift bemerkbar zu machen
und zu erklären, weshalb er solche Unruhe und solch Unheil an seiner Familie
verübte. Hierauf kam ein gurgelnder Laut von den Lippen Lillys, dann kämen die
heiser hervorgestoßenen Worte: „Meine Schwester Helene und die Ihrigen büßen für
Unrecht; .meine Braut entfremdet, mein Leben einsam gemacht, Helene schuld, neun
Jahre büßen — büßen!" Die Lippen Lillys schlössen sich, kein AVort sprach sie mehr.

Ich war in einen Weinkrampf verfallen und Frau Helene V. war ohnmächtig
geworden. Die Verwirrung war allgemein. Freund Dasio erweckte Lilly. Herr V.
suchte Mich zu beruhigen, und Gustl war nach Kathi gelaufen, damit diese ihm helfen
solle, I?rau V. in ihr Zimmer und zum Bewußtsein zurück zu bringen.

Ein paar Stunden später, als die Wogen der Erregung sich etwas gelegt hatten,
erzählte uns Frau V., daß sie allerdings die Entlobung ihres Bruders verschuldet
habe; es sei schon fast aus ihrer Erinnerung verlöscht gewesen, daß sie die Ursache
war, daß Frl. Enhofer, so hieß die Braut; als leichtsinnig, ja sogar treulos überführt
wurde. Ihr Bruder aber habe sie anscheinend trotzdem noch sehr geliebt, und nur
seines Rufes und seiner Ehre halber habe er wohl auf eine Heirat mit der Enhofer
verzichtet. Freilich sei er wirklich trotz seines Ruhmes, seiner Beliebtheit und seiner
Lebenslust ein Einsamer geblieben.

Viele Tage vergingen, während welcher man experimentierte, überlegte, Pläne
schmiedete- und wieder verwarf, alles ohne weiteren Erfolg.

#Das Haus mußten dje*V'schen selbst bewohnen, durften es nicht veräußern,
nichts daraus verkaufen, ohne das große Vermögen zugleich los zu werden. Was
also? Nach langer Beratung mit meinem Freunde D. wurde von mir der Entschluß
gefaßt, meine okkulten Fähigkeiten in den Dienst des außerordentlichen Vorfalles in~"
der Familie V.- zu stellen.

Welcher Art meine Experimente und Arbeiten diesbezüglich waren, kann und
darf ich nicht verraten. Nut so viel-, das nächtliche.Musizieren hörte auf, der Spuk
des Tages hatte ein Ende. Nach Verlauf von 9 Tagen war ich zwar abgemagert
und etwas elend geworden, aber die Familie V. hatte Ruhe. Nach weiteren 14 Tagen
hatte ich mich wieder erholt,,und sogar die von uns einst in der Stadt beliebten
musikalischen Abende wurden wieder arrangiert und verliefen harmonisch und ungestört.
Lilly jedoch war nie mehr zum Singen zu bewegen.- Nach Ablauf meiner Ferien
wurde ich von Herrn V. nach M. zurückbegleitet und lebe heute noch als „Familien-
heiHge" und Retterin aus schwerer Not im Gedächtnisse der Nachkommen Lilly's
GustPs und der beiden Jüngsten fort. — |

Was ich aber mit dem Herrn Kammersänger verhandelt habe und wie ich ihn
zur Raison brachte, das wissen nur wir beide — er und ich, und es ist gut so!


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