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Seele nennen, einer in Gang gesetzten Uhr, deren künstlich verbundene
Teile und Räder Funktionen oder ihnen natürlich anhaftende Verrichtungen
vollziehen, welche sich auf dem Zifferblatt durch Anzeige
der Zeit kundgeben. Die Uhr bedürfte dazu keiner eigenen Uhrseele.
Sobald deren Räderwerk gestört werde, sei der ganze Mechanismus
gehemmt und wirkungslos. Die sogenannte Seele oder Bewegung dieser
Uhr lebe dann nicht mehr fort. Mit den Rädern sei auch die Kraft
ihrer kunstvolle^ Bewegung für immer vernichtet. Und da mit der
ganzen Natur auch der Mensch eine solche kunstvolle Maschine sei, so
gelte auch von ihm, was von der Uhr gesagt sei.
Können wir dies wirklich zugeben? Ist damit in der Tat der
Kern der Sache, worum es sich eigentlich handelt, getroffen? Abgesehen
davon, daß diese Uhr vorerst konstruiert werden mußte, ehe
sie in Gang gesetzt werden konnte, indem ihre Teile doch nicht
^von selbst sich so zweckmäßig aneinander reihten, wie dies von
den Atomen und Organismen der Natur immer noch ganz willkürlich
angenommen wird, hinkt auch der Vergleich noch in anderer Weise.
Bei der Uhr haben wir es mit künstlichen, bei Menschen mit natürlichen
Rädern und Organen zu tun. Beide haben verschiedene Wirkungsweisen;
die ersteren eine bios zeitweis übertragene, die letzteren eine ihren
angeboren eigene. Aber auch das Räderwerk der Uhr kann mit seinen
Stoffen und Kräften, soweit sie ihm wirklich von Natur eigen und nicht
blos künstlich übertragene Wirkungsweisen sind, nicht absolut vernichtet
werden. Wo blftbe denn da die materialistische Lebre von
der Unvernichtbarkeit des Stoffes auch nur in einem einzigen Atome?
Wo bliebe das Gesetz von der steten Erhaltung und Übertragung der
Kraft? Jedes Atom des zerstörten Uhrwerks behält zuert seine ihm von
Natur anhaftende Kraft bei, und dann kann auf alle diese Atome und
ihre Kräfte eine neue, dieselben wieder anders bewegende und umbildende
Kraft übertragen werden. Wasser kann bekanntlich in Dampf,
Dampfspannung in Bewegung, Bewegung in Wärme, umgesetzt oder
übergeführt werden, und zwar so genau, daß nicht ein Atom von
, alledem verloren geht, sondern rechnungsmäßig als vorhanden nachgewiesen
werden kann. Und allein die den Organismus des Menschen
bewegenden, höchstjtomplizierten Triebkräfte sollten keiuer solchen
Erhaltung und Übertragujg fähig sein? Während die Atome und
Kräfte des zerstörten Uhrwerkes fortdauern, sei dies beim Menschen
allein nicht der Fall?! Wenn sein Organismus und Gehirn zerfalle,
sei auch die sie bewegt. habende Kraft zerfallen und außerstande
gewesen, auf irgendeine neue Atomenverbindung übertragen zu weiden?
Hier allein gelte das Gesetz von der Forterhaltung der Kraft nicht?
Welche Inkonsequenzen ergeben sich schon bei dieser Reihenfolge von
Gedanken!
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