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den Maßstab der Erfahrung und Logik anlegen, deren Gesetzen er
sich unterwerfen muß, wenn er auf exakte Wissenschaftlichkeit, d. h.
aui eine bestimmte Vollkommenheit des Denkens Anspruch machen will."
Aber es gibt bekanntlich zwei Wege zur Wissenschaft: Der eine
ist der* analytische und der andere ist der synthetische. Auf dem
analytischen Wege gehen wir von der gegebenen Idee aus und zerlegen
sie uns denkgemäß in ihre Teile; wir deduzieren und leiten
alle möglichen Denkfolgerungen logisqji und metaphysisch aus dem
Ganzen ab, ähnlich wie wir es bis jetzt mit der vorausgesetzten Idee
des modernen Spiritualismus in dem vorliegenden Artikel gemacht
haben.
Es ist dies der Weg der philosophischen Spekulation. Aber die-
letztere ist mit ihrem ganzen deduktiven Gedankengange in letzter
Instanz doch nur auf tatsächlich Gegebenes, auf die unmittelbare Wirklichkeit
, angewiesen. Sie muß durchaus, um ihre hypothetischen
Voraussetzungen zu begründen, auf die Tatsachen der Wirklichkeit
zurückgreifen und dieselben induktiv, d. h. nach und nach,
als Belege herbeibringen , und, auf die geordneten und* gruppierten
Eeihen derselben gestützt, ihre positiven Schlüsse oder Theorien
gründen. —--
Nachdem wir also eine Betrachtung über den Spiritualismus im
allgemeinen vorausgehen ließen, wollen wir uns nunmehr mit
amerikanischen Verhältnissen befassen.
Im Jahre 1867 erschien bei Franz Wagner (nachmals
Oswald Mutze) in Leipzig der erste Band der „Bibliothek
de§ .Spiritualismus für Deutschland" mit einem solchen
philosophischen Werke, welches betitelt war: „Der Reformator"
oder „Harmonische Philosophie über die phisio-
logischen Laster und Tugenden und die sieben
Phasen der Ehe". (Von Andrew Jackson Davis, dem
amerikanischen Hellseher von Poughkeepsie).
Das Buch trat mit dem höchst seltsamen Anspruch auf, ein Erzeugnis
eines sogenannten höheren Geisteszustandes zu sein, der sich
aus Hellsehen und Inspiration hervor in naturgemäßem Fortschritt
entwickelt habe. Es brachte einen geradezu erstaunlichen Lehrinhalt,
der von der deutschen Kritik mit ziemlicher Gunst aufgenommen
wurdö. Rudolf Gottschall erklärte in seinen „Blättern
für literarische Unterhaltung" (Nr. 30 vom 25. Juli 1867),
daß man bei diesem Werke trotz seines seltsamen Anspruches durchaus
nicht das Kind mit dem Bade ausschütten' und sich von etwa
gefürchteten Geistern (vulgo Gespenstern) nicht abhalten lassen solle,
nach dem Geist in diesen Schriften selbst zu forschen; „denn
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