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Anhang.
Die Bedenken gegen eine Theorie in möglichst prägnanter Weise
vorzubringen, erscheint uns die Form eines Dialogs besonders geeignet
. Auch wir wollen in der Form von Rede und Widerrede unsere
Bedenken gegen Einsteins Relativitäts-Theorie nocn einmal besonders
scharf herauszuschälen versuchen. Es vertrete Relativus den
Standpunkt der Relativitäts-Theorie, Kritikus den unsrigen.
Kritikus: Du behauptest, daß sich das Licht mit der Geschwindigkeit
von 300 000 km/sek. (c) fortpflanzt. Du behauptest
ferner, daß die Geschwindigkeit des Lichtes von dem Bewegungszustande
des das Licht emittierenden Körpers unabhängig sei.
Relativus: Jawohl, das behaupte ich.
Kritikus: Du beziehst nun aber die Geschwindigkeit der
Lichtstrahlen, die doch nach deinem Eingeständnis, und zwar auch
dann, wenn es sich um eine irdische Lichtquelle handelt, im Räume
neben der Erde herlaufen, auf die bewegte Erde als Bezugssystem
und nimmst sie trotz der Erdbewegung als konstant an.
Relativus: Jawohl, das tue ich.
Kritikus: Das darfst du aber nicht. Wenn du z. B. hinter
einem Pferd herläufst, so vermindert sich doch die Relativgeschwindigkeit
des Pferdes zu dir um deine eigene Geschwindigkeit, wie sie
sich tun diese vermehrt, wenn du dem Pferd entgegengehst. Genau so
muß doch die Relativgeschwindigkeit des Lichtes zur Erde um die
Bewegungsgeschwindigkeit der Erde kleiner bzw. größer werden, je
nachdem du das Licht in Richtung der Erdbewegung oder dieser entgegen
aussendest. Da dies so sicher ist wie 2X2 = 4, will ich diese
Erkenntnis als Differenz-Axiom bezeichnen.
Relativus: Lieber Freund, hast du denn nie etwas vom
Michelson-Experiment gehört? Die Differenz, die nach deiner Ansicht
so sicher zum Vorschein kommen müßte, blieb dort aus, und
die Zuverlässigkeit des Experimentes ist bombensicher.
Kritikus: Ja, aber der gesunde Menschenverstand sagt uns
doch, daß, wenn die Voraussetzung, die du über die Natur
des Lichtvorganges machst, richtig sein soll, daß nämlich die
Lichtfortpflanzung ein sich unabhängig von jedem Körper abspielender
Vorgang ist, dann sich ein Einfluß der Erdbewegung auf
die Relativ-Geschwindigkeit des Lichtes zur Erde zeigen müßte.
Relativus: Das Urteil des gesunden Menschenverstandes,
hinter das du dich hier verschanzest, ist in Wirklichkeit nur eine alte
Denkgewohnheit.
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