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Die angegebenen Indikationen gelten namentlich für den
Sommer. Für den Winter sind sie ganz erheblich
einzuschränken, weil die Orte in der subalpinen Höhenlage
im Schwarzwald wie überhaupt in nördlichen Gegenden viel
ungünstigere klimatische Eigentümlichkeiten offenbaren als
das Hochgebirge oder südliche Seeklimate infolge von Mangel
an heiterem Wetter, häufigerem Regen und Schnee und Anwesenheit
von Nebel — letzteren zwar weniger als Orte in der
Ebene —■ und weil sie überhaupt wegen des häufigen schroffen
AVechsels des Witterungscharakters zu sehr reizen und erregen.
Die Kontraindikationen sind nicht so zahlreich als bei
dem Hochgebirgsklima und lassen sich nach allgemeinen Grundsätzen
beurteilen.
Auf die Indikationen für die Seeklimate gehe ich
nicht sein, obwohl ich aus eigener Erfahrung den grofsen
Wert südlicher Küstenplätze für den Winter hervorheben müfste.
Sehr vorteilhaft ist es oft genug, wie mau auch sonst
in der Therapie zweckmäfsig gelegentlich mit dem Arzneimittel
wechselt, auch das Klima nach längerer Einwirkung
mit einem anderen zu vertauschen: die Höhe
mit der See und umgekehrt zu verwechseln. Sehr häufig
wird mau dann bessere Fortschritte in der Heilung beobachten
; anderenfalls aber zeigen sich die günstigen Wirkungen
des zuerst ausgewählten Klimas nach einer Unterbrechung
des Aufenthalts auf das neue in auffallender Weise.
Wird nach solchen Grundsätzen die Auswahl unter den
Brustkranken getroffen, so wird der Erfolg meist ein guter
sein. Dafs er es nicht immer ist, liegt sowohl in der Natur
der Krankheit wie in der Schwierigkeit, den bestehenden
Indikationen und Kontraindikationen, welche leider oft bei
einem einzigen Krankheitsfall vereinigt sind und den Scharfsinn
des behandelnden Arztes auf eine harte Probe stellen,
gerecht zu werden.
Dafs es nun öfter, selbst bei vorhandenen ausgesprochenen
Gegenanzeigen, manchen Phthisikern im Hochgebirge oder an
anderen Orten gut geht, ist dann nicht sowohl auf eine nebensächliche
Bedeutung des Klimas und Unwirksamkeit klimatischer
Faktoren zu beziehen, als vielmehr auf den günstigen Ein-
flufsj welchen eine vorsichtig und klug geleitete ärztliche
Behandlung trotz des Klimas auf den Kranken ausübt.
V. Wirkungsweise der Hochgebirgsluft.
Die Frage, wodurch eigentlich der beobachtete
günstige Einflufs der Hochgebirgsluft auf phthisische
Prozesse in der Lunge bedingt ist, ist noch
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