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keineswegs endgiltig entschieden. Jedenfalls ist es nicht die
aseptische Beschaffenheit der Luft allein. Wie andere, finde
auch ich den Vorteil, den die Höhenluft manchen Brustkranken
bringt, in der Trockenheit einer reinen, ziemlich
aseptischen, kühlen, ruhigen Luft, in erhöhtem
Blutzuflufs der Lunge infolge verminderten Luftdruckes,
aber aufserdem in der reichlichen Sonnenbestrahlung
(im Winter besonders). Die Lungenhyperämie stelle ich mir
in der Weise vorteilhaft vor, wie die künstliche Stauungshyperämie
bei Tuberkulose der Gelenke. Den Angaben über
die Vermehrung der roten Blutkörperchen in der Höhenluft
kann ich nicht die von anderen zugeschriebene Wichtigkeit
beimessen, wenn Ladenburg schon bei 600 m Höhe 9 bis
10 Millionen gefunden hat, also mehr, als von 4000 m hochgelegen
Orten in den Cordilleren angegeben werden.
Uber Insolation.
Ein guter Teil des Erfolges bei klimatischen Höhenkuren
, wie übrigens auch im Süden, ist der intensiveren
Insolation zuzuschreiben.
Die grofse Anzahl der Tage mit ungetrübtem Sonnenschein
, die häufigere und iutensivere Insolation und die damit
zusammenhängende relative Höhe der Bodenwärme und ein
grofser Wärmeüberschufs des Bodens gegenüber der Luft, der
Wärmereflex und die Wärmestrahlung der Bergwände — im
Süden dazu auch von grofsen Wasserflächen, geben allein schon
den Orten im Hochgebirge wie im Süden ein gar nicht zu
bestreitendes Ubergewicht über alle diejenigen subalpinen und
niedrig gelegenen nördlichen Kurorte, an welcheu man im
Winter fast gar nicht oder nur selten die Sonne zu Gesicht
bekommt. Dieser Punkt ist durchaus noch nicht genügend
gewürdigt worden; doch liegen schon einige wissenschaftliche
Untersuchuungen darüber vor.0) Das Interesse für diese
Dinge ist wieder gewachsen durch die Empfehlungen der
Naturheilkünstler, namentlich von Ricli. Ich will mir deshalb
erlauben, auf diesen Punkt in Kürze einzugehen. —
ßubner und Cramer7) haben durch Tierversuche festgestellt,
dafs durch die Insolation im Körper die Wärmeproduktion
vermehrt und die Wasserverdampfung erheblich gesteigert wird.
6) M. R. Radau, La Lumiere et les climats. Paris 1877. —
Fiiisen, Das Licht als Reiz. Hospit. Tidende III, 8; ref. in
D. Med.-Ztg. 65,96.
7) Rubner u. Cramer. Archiv f. Hygiene Bd. XX, Heft 4,
S. 309—364. — cf. Ref. in Schwabe. Jahrb. f. prakt. Medizin.
Jahrg. 1896. Stuttgart. S. 622.
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