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VI. Heilender Einflufs frischer Entzündungen.
Es ist mir nicht zweifelhaft, dafs zuweilen auch durch
ganz andere Momente eine Heilung von Phthisis angebahnt
wird, wie ich an Patienten in verschiedenen Klimaten, an der
See wie auf Bergen, habe beobachten können.
Nach frischen Katarrhen, welche sich zu der bestehenden
chronischen Lungenaffektion hinzugesellten, habe ich wiederholt
eine ganz auffallende Besserung aller Symptome vonseiten der
Lunge eintreten sehen. Die neue Entzündung schien günstig
auf die alte Affektion einzuwirken, brachte vielleicht eine
gänzliche Umstimmung im Körper des Kranken hervor und
dadurch die alte Infektion zur Heilung.
Man vergleiche damit, was Colbett,ö) von der günstigen
Bedeutung der Entzündung für den Verlauf von Infektionen
berichtet. Schon Busch hat in den 60er Jahren in Bonn
die Heilung von Sarkomen durch Eintritt von Erysipel beobachtet
. Auf solchen Anschauungen beruhte ja auch die Behandlung
mit Tuberkulin.
Leider hat mau es nicht in der Hand, den akuten Prozefs
nach Wunsch zum Stillstand zu bringen; der neu angeregte
chronische aber kann sich in einer oft nur durchaus unerwünschten
Weise propagiren.
Ich denke mir, dafs gerade auch in den Höhenkurorten
in dieser Weise Besserung sich nicht so selten einstellen wird,
ohne dal's man gerade den ursächlichen Zusammenhang sofort
erkeuuen köunte. Akuter Katarrh der Schleimhaut des
Respirationsapparates, Bronchitis, Pneumonieen sind häufig im
Hochgebirge, heileu aber auch schnell und ohne unangenehme
Folgen zu hinterlassen. Dabei kann sehr wohl auch ein
chronischer Zustand gebessert werden. Ich möchte die betreffenden
Kreise ersuchen, auch nach dieser Richtung Beobachtungen
anzustellen.
VII. Sanatorien und offene Kurorte.
Die Streitfrage der gröfseren Nützlichkeit der
Behandlung der Phthisiker in Sanatorien oder an
offenen Kurorten will ich heute nicht näher besprechen,
obwohl ich nach meinen Erfahrungen in Badenweiler für die
Gleichberechtigung der offenen Kurorte sehr gut eintreten
könnte. Nur das Eine will ich sagen: Mögen doch die Hausärzte
, welche ihre Patienten an offene Kurorte senden, jene
auch anweisen, sich ebenso, wie es in den Anstalten selbstverständlich
geschieht, unter die beständige Kontrolle
16) Ref. in Jahrb. f. prakt. Medizin 1896. Stuttgart, Enke. S. 8.
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