Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., RA gr.2.2014/14-1
Braune, Wilhelm [Hrsg.]
Topographisch-anatomischer Atlas: nach Durchschnitten an gefrornen Cadavern (Text)
1872
Seite: 6b
(PDF, 16 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/topographisch1872-1/0016
Hautdecke bedingt. Unterhalb derselben liegt die vena anonyma simstra,
an die sieh ein Rest der' thymus anschloss; und hinter der Vene die
aufsteigende Aorta, mit dem Abschnitt der arteria anonyma.

Die trachea, welche in gestrecktem Verlaufe au der vorderen
Wand des Oesophagus herunterzieht, theilte sich in beide bronchi vor
dem 4. Brustwirbel, also in gleicher Wirbelhöhe wie bei dem männlichen
Körper auf Tafel I.

Als ich bei einem Cadaver, den ich mit nach vorn 11 erabgedrücktem
Kopfe hatte gefrieren lassen, den Durchschnitt machte, war ich frappirt,
wie ausserordentlich verkürzt die trachea sich zeigte, und wie bedeutend
sie sich wieder ausdehnte, .als ich beim Beginn des Aufthauens den
Kopf zurück in die gewöhnliche Haltung brachte. Es ist durch diese
Dehnbarkeit der trachea, die in ihrer Länge den Verkürzungen und
Verlängerungen des Vorderhalses bei den extremen Kopfhaltungen gieicli-
mässig folgt, und nur der elastischen Faserverbindung der einzelnen
Knorpelringe diese Dehnbarkeit verdankt, die Möglichkeit gegeben, den
Kopf in weitgehende Beugung und Streckung zu bringen, ohne dass
dabei die Lungenwurzel in gleichem Maasse dislocirt wird. Bestünde
die trachea aus gleichmässig solider Masse, so müsste sie bei jeder Vorbeugung
des Kopfes in gefährlicher Weise auf die Lungen und den
linken Vorhof des Herzens stossen und bei jedem plötzlichen Zurückwerfen
des Schädels die Brustorgane gewaltsam zerrend nach oben dis-
lociren. Meine Messungen ergaben, dass die Dehnbarkeit der trachea
vom Kehlkopfe an bis zur Theilungsstelle der Bronchien bei Beugung
und Streckung des Kopfes bis zu 2Va Centimeter betragen kann; und dabei
zeigte sich keine grobe Faltung oder Knickung an der Innenfläche
der Luftröhre. Diese federnde Beschaffenheit bewirkt auch das starke
Klaffen aller Trachealwunden bei gestrecktem Kopfe.

Von praktischer Wichtigkeit ist ferner, namentlich in Beziehung
auf die Ausführung der Tracheotomie, die Veränderung der Lage der
trachea in Beziehung auf die Oberfläche des Vorderhalses bei den verschiedenen
Stellungen des Kopfes. Die trachea wird bei stark nach hinten
übergebeugtem Kopfe der vorderen Halsoberfläche bedeutend näher gebracht
und zugänglicher, sowie das Operationsfeld überhaupt vergrössert,
als bei gewöhnlicher Haltung oder gar herabgesenktem Kinn. Der im
Atlas von Pirogoff (I. A. 14, 1) gegebene Durchschnitt ist in dieser
Beziehung besonders lehrreich. Es zeigt sich ferner, dass mit der Ausdehnung
und Vordrängung der trachea auch der Aortenbogen und die
arteria anonyma etwas höher rücken, und so für das Messer aber auch
für die Ligatur zugänglicher werden.

An dem Herzen, dessen linker Vorhof durch von den Lungen aus
eingedrungene Injektionsmasse ausgedehnt war, fand sich Alles normal.
Man erkennt, an der Speiseröhre anliegend den ovalförmigen Schnitt
des ausgedehnten linken Vorhofes, davor die mehr dreieckige Oeffnung
des rechten atrium. . An letzterem ist noch ein kleines Stückchen vom
rechten Ventrikel durch den Schnitt geöffnet. Man blickt von beiden
Atrien aus durch das ostium atrio-ventriculare ein Stück weit in die dazu
gehörigen Ventrikel hinein, und übersieht einen Theil der Klappen, die
nach sorgfältiger Reinigung noch im erstarrten Zustande abgezeichnet
wurden. Im atrium sinistrum zeigen sich ferner die Eintrittsstellen der
linken Lungenvenen, im atrium dextrum die Mündung der venu magna
Cordts. Hinter dem aufgeschlitzten Aortenbogen, in welchem man ebenfalls
ein Stück des Klappenapparates erkennen kann, kommt der rechte
Ast der arteria pulmonalis aus der Tiefe hervor. Ein kleines Stückchen
des rechten Herzohres, welches in der linken Körperhälfte mit zurückblieb
, also übereinstimmend mit dem Durchschnitt auf Tafel I lag, ward
hinweggenommen, sodass vor der aorta innerhalb des Herzbeutels eine
grössere Lücke geblieben ist.

Vergleicht man den Durchschnitt des Thoraxraumes mit der
auf Tafel I gegebenen Zeichnung eines jugendlich kräftigen normalen
Mannes, so zeigt sich zunächst, dass der obere Rand des manubriüm
sterni beim Manne um eine halbe Wirbelhöhe höher steht und trotzdem
um einen halben Centimeter weiter von der Wirbelsäule entfernt ist als
bei der Frau auf dieser Tafel, wo der obere Sternalrand der Höhe der
Symphyse zwischeu 2. und 3. Brustwirbel entsprach. Die bedeutend
grössere Capacität des männlichen Thoraxraumes wird aber noch weiter
dadurch ersichtlich, dass das Zwerchfell beim Manne die Höhe der
Symphyse zwischen 9. und 10. Brustwirbel erreichte, während bei der
Frau der höchste Punkt des Zwerchfells dem oberen Rande des 9. Wirbels
entsprach, also noch um eine ganze Wirbelhöhe höher stand. Und es
handelt sich hier um nahezu gleichaltrige, sehr schön gebaute, normale,
für ihr Geschlecht grossgewachsene Individuen, die also ganz besonders
gut sich in dieser Beziehung vergleichen lassen.

Betrachtet man die einzelnen Theile des Herzens auf Tafel I

und II nebeneinander, so ergiebt sich, dass das Herz bei beiden eine
nahezu gleiche Lage zur Mittellinie des Körpers einnahm. Beiderseits
fielen die Vorhöfe, das rechte Herzohr und ein kleines Stückchen vom
rechten Ventrikel in die Schnittfläche.

Von den Lungen ist nichts zu sehen; dieselben erreichen bei
jugendlichen Individuen, in Folge der noch vorhandenen Thymusreste, im
Exspirationszustande nirgends mit ihren vorderen Rändern die Mittellinie,
sodass Sagittalschnitte, die genau in der Mittellinie des Körpers geführt
werden, nichts vom Lungengewebe freilegen. Erst bei älteren Leuten,
in Folge des Schwundes der Thymusreste, und der geringeren Con-
traktionsf ähigkeit, stossen sie auch nach dem Tode in der Mittellinie
aneinander, und zwar so, dass die rechte Lunge regelmässig in die
linke Körperhälfte hinübergreift.

Die Bauchhöhle zeigt bei der geringen Darmanfiülung keine
starke Vorwölbung, aber auch nicht die Einziehung der Bauchdecken,
wie man sie bei Durchschnitten an Cadavern sieht, die durch vorausgegangenes
langes Siechthum abgemagert sind. Ebenso dokumentirt die
Stärke des Fettpolsters unter der Haut sowohl, sowie die der Fettmassen
im Abdomen, dass ein normaler guter Ernährungszustand vorlag. Auch
in dieser Beziehung sind die Verhältnisse denen auf Tafel I fast gleich;
während dagegen eine beträchtliche Differenz hinsichtlich der Tiefe der
Bauchhöhle vorhanden ist. In Folge der stärkeren Anfüllung des Magens
und der Därme bei dem Manne, die sich schon durch die grössere
Ausdehnung der Darmdurchschnitte kenntlich macht, beträgt trotzdem,
dass bei der Frau die Arterien injicirt waren und der schwangere uterus
einen Theil der Dünndärme nach aufwärts drängte, der Abstand der Bauchwand
von der Wirbelsäule in der Höhe des 12. Brustwirbels auf dieser
Tafel 5 Centimeter weniger, während in der Gegend des Nabels die Tiefe
des Bauches bei Beiden fast gleich ist (nämlich etwas über 8 Centimeter
misst). Es ist übrigens dabei im Auge zu behalten, dass bei der männlichen
Wirbelsäule der Uebergang zur Concavität des Rückentheiles
tiefer unten beginnt und letztere selbst stärker ausgeprägt ist als bei
der hier vorliegenden; dass ferner die Harnblase bei diesem Cadaver
leer, bei jenem massig angefüllt war.

In der Bauchhöhle hielt sich der Schnitt, welcher das Zwerchfell
zwischen foramen oesophageum und foramen quadrilaterum traf, mehr
auf der rechten Hälfte der Wirbelsäule, sodass die Bauchaorta nicht
getheilt wurde wie bei Tafel I, sondern intakt an der Oberfläche liegen
blieb. Um die Arterie für die Zeichnung deutlicher zu machen, ward
nur eine dünne Zellgewebsschicht hinweggenommen. Daraus erklärt
sich das plastische Ansehen derselben. Ihr unteres Ende trägt die abgeschnittene
arteria iliaca communis dextra, während von der unteren
Hohlvene, die in der rechten Körperhälfte liegen blieb, nichts zu sehen
ist, als ein Zipfelchen an der vena iliaca, communis sinistra. In gleicher
Weise aber wie auf Tafel I ist der breite Stamm der vena meseraica
superior bis zu der Stelle hin aufgeschnitten, wo sie nach Aufnahme
der vena lienalis sich jenseits des pa,ncreas rechts hin wendet, um nun
als vena portae zur Leber zu ziehen. Vor dem unteren Ende dieser
Vene liegt die arteria: mesenterica superior eine Strecke weit frei.

Das pancreas zeigt, wenn auch nicht die gleiche Breite wie auf
Tafel I, doch die gleiche Lage in der Höhe des 1. Lendenwirbels. Die
vena meseraica superior trennt das pancreas parvum von dem Haupt-
theile der Drüse.

Das duodenitm, welches vollständig leer und durch die injicirten
Gefässe abgeplattet war, erscheint als schmaler Spalt vor dem 3. und
2. Lendenwirbel, am unteren Ende des kleinen pancreas. Auf Tafel I
lag es, vielleicht in Folge der stärkeren Entwickelung des pancreas
parvum, etwas tiefer.

Von der Leber ist noch ein Stückchen vom lobulus Spigelii, mit
seiner Umhüllung durch den Netzbeutel, in der linken KÖrperhälfte
liegen geblieben und deshalb auf dem Schnitte hier zu sehen. Man
wird die complicirten Verhältnisse des Bauchfells an dieser Stelle, leicht
verstehen, wenn man Tafel XV zu Hilfe nimmt, die einen Querdurchschnitt
in der Höhe des 11. Brustwirbels abbildet, also ungefähr dem
Schnitte entspricht, der hier beide Tafeln trennt.

Der Magen war leer und eng zusammengezogen, während das
colon transversum durch Gas mässig ausgedehnt wie eine Schlinge
weit herunterhing und deshalb in grosser Länge eröffnet wurde. Ueber
die Dünndärme ist nichts zu bemerken. Ein Theil des ileum ist durch
den uterus aus dem Becken herausgehoben und es füllen daher die
Darmlumina den Bauchraum höher hinauf als bei Tafel I.

Dagegen muss auf die Verhältnisse des Mastdarms etwas näher
eingegangen werden. Derselbe war gleichmässig mit gefrorenen Fäcal-
massen ausgefüllt und zeigte nur massiges Caliber. Die Afteröffnung


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