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Der stark hyperämische uterus (Fig. 7) enthielt in seiner Höhle, die nur
an einer kleinen Stelle, bei 1, eröffnet ist, coagulirte Blutmassen, und zeigte
ausser der retroflectirten Stellung noch eine seitliche Deviation. Der
Körper lag mehr in der linken Beckenhälfte, während der in ganzer
Länge halbirte Hals die ursprüngliche Stellung behalten hatte.
Fig. 7. Cadaver mulieris. Retroflexio uteri.
Pirogoff, III. A. 31. 14.' %
1. uterus. 2. vesica. 3. rectum. 4. sym/physis.
Auch bei dieser Lage des uterus findet ein Druck auf den Mastdarm
statt, der sich bei noch weiter gehender Knickung bis zur vollständigen
Compression desselben steigern kann. Man wird daher bei
hochgradigen Retroflexionen jedesmal eine intensive Constipation zu erwarten
haben, mehr noch als bei den Anteflexionen, die, wie die vorhergehende
Figur zeigt, ähnliche Erscheinungen hervorzubringen vermögen.
Die conjugata hielt 110 mm.
Vergleicht man zum Schlüsse die gegebenen Abbildungen miteinander
, so findet man zunächst eine Uebereinstimmung mit den Angaben
von Claudius {Bericht über die Naturforscherversammlung zu Glessen,
1865. Zeitschrift für rationelle Medizin, III Reihe, 23. Band, p. 249),
wonach der normale uterus nicht so beweglich in seiner Lage ist, und
nicht so allseitig von Darmschlingen umspült wird, wie man gewöhnlich
angibt. Er liegt vielmehr so zwischen Blase und Mastdarm, dass der
Douglas'sche Raum frei von Därmen bleibt. Dem entsprechend zeigt
sich auch der schwa'ngere uterus auf der colorirten Tafel, in genauer
Berührung mit der hinteren Beckenwand.
Es wäre wichtig, weitere Untersuchungen in dieser Beziehung an
Schwangeren anzustellen, um zu eruiren, ob die hier vorliegende Knickung
wirklich nur eine cadaveröse Erscheinung ist. Auf jeden Fall kann
wenigstens nicht die Rückenlage des Cadavers allein als Ursache davon
angesehen werden.
Wäre der uterus antevertirt gewesen, und erst nach dem Tode durch
seine Schwere in die Retroflexionsstellung gesunken, so müsste man auch
während des Lebens solche Lageveränderungen erwarten, da die Rückenlage
wiederholt und längere Zeit hindurch eingenommen wird.
Dagegen kann ich dem Satze von Claudius nicht beistimmen, wonach
die Blase bei ihrer Füllung und Entleerung dein uterus durchaus
keine Bewegung mittheilen soll. Abgesehen von den Abbildungen, mit
gefüllter und leerer Blase, welche durch die verschieden grosse Länge
der vagina schon eine damit in Zusammenhang stehende Lageveränderung
des uterus erschliessen lassen, habe ich schon oben erwähnt, dass man
nicht nur am Cadaver einen solchen Einfluss demonstriren kann, sondern
dass sich auch an der Lebenden die Lageveränderung des uterus bei
der Urinentleerung constatiren lässt.
Eine becherförmige Einsenkung der oberen Wand zeigt sich übrigens
bei entleerten Blasen nur dann, wenn die Leichen nicht mehr frisch
sind, und der Urin erst nach dem Tode abgenommen wurde. Die kug-
lige fest contrahirte leere Blase mit ihren dicken Wandungen auf der
colorirten Tafel zeigt das normale Verhältniss einer durch eigene Con-
traktion entleerten' Urinblase.
'S
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