Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., RA gr.2.2014/14-1
Braune, Wilhelm [Hrsg.]
Topographisch-anatomischer Atlas: nach Durchschnitten an gefrornen Cadavern (Text)
1872
Seite: 12a
(PDF, 16 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/topographisch1872-1/0027
TAFEL YI.

Der hier abgebildete Durchschnitt wurde an demselben Cadaver des
jungen, kräftig gebauten, völlig normalen Mannes gemacht, von dem die
übrigen Halsdurchschnitte genommen wurden. Nach vorausgegangener
Injection der Arterien war der Leichnam zum vollständigen Durchfrieren
mittels künstlicher Kältemischung gebracht worden und blieb in dem
gleichen Härtungsgrade erhalten, bis die Zeichnung in der früher schon
erwähnten Weise vollendet war.

Der Schnitt verlief durch den Kehlkopf, sollte eigentlich die Ebene
der unteren Stimmbänder einhalten, ging aber etwas unterhalb derselben in
horizontaler Richtung nach hinten und traf den 6. Halswirbel in seiner
unteren Hälfte.

Da der Cadaver einen vorzüglich gut gewölbten thorax, und bei der
sehr kräftig entwickelten Muskulatur einen hohen Stand der Schultern darbot
, so erschien die Länge des Halses trotz der normalen Anzahl von
Wirbeln gering, entsprach somit in hohem Grade dem männlichen Typus
der Halsformation. Deshalb findet sich auch weder bei diesem noch bei
dem höher oben angelegten Durchschnitte eine kreisförmige Contur, sondern
es ähnelt derselbe mehr der Querschnittsfläche eines prismatischen Körpers.
Man erkennt leicht, dass diese Form vornehmlich durch die starke Muskulatur
bedingt wird; vorn besonders durch die musculi sternocleido-
mastoidei, hinten durch die cucullares.

Da der nächst folgende Schnitt nicht durch den Kopf des humerus,
sondern höher oben durch das Gelenk des acromion und der clavicula ging,
so traf er auch nicht die Schultern an der Stelle ihrer grössten Breite,
sondern löste eine Scheibe ab, die den Uebergang der Halsregion zur
Schulter bildet. Daher stellen die Seitenparthieen der vorliegenden Zeichnung
auch nur den obersten Theil der Schulterwölbung dar und finden erst
durch die folgenden Abbildungen ihre Ergänzung. Man kann die vorliegende
Zeichnung aus dem Papiere ausschneiden und auf die nächst folgende
wie einen Deckel legen; man bekommt dann eine bessere Ansicht
des Rumpfes von oben, die dann noch durch Zusammenlegen mit Tafel VIII
vervollständigt werden kann. Die geringe Incongruenz der Ränder, welche
man dabei finden wird, rührt von dem Substanz Verlust durch das Sägen her.

Hat man weibliche Individuen oder schwach gebaute männliche Cadaver
vor sich, so zeigt auch die Scheibe, wenn sie wie die hier vorliegende
ebenfalls nur die Stärke von 1 Centimeter erhält, eine total andere Form;
sie fällt bei dem tieferen Schulterstande noch in den sogenannten cylin-
drischen Theil des Halses und bietet daher nicht die seitlichen Ausbreitungen
zur Schultergegend dar. Aber auch die obere Schnittfläche an sich zeigt
dann eine andere Gestalt; sie nähert sich mehr der Kreisform. Man
braucht nur in dem Atlas von Pirogoff, fasc. I, Tab. X, Fig. 5 und 6 zu
betrachten, um sich davon zu überzeugen; und wird dabei bemerken, dass
eben die schwach entwickelte Muskulatur es ist, welche die Kreisform
möglich macht. Auch gibt Pirogoff im Texte an, dass der Durchschnitt
einem juvenis macüentus angehörte. Ebenso erhielt ich bei früheren Durchschnitten
an einem 50jährigen Manne, demselben, von dem Tab. IX im
ersten Hefte genommen ist, in der Höhe des 6. Halswirbels noch ziemlich
kreisrunde Scheiben.

Demnach wird man die hier vorliegende Gestalt als typisch für den
Hals eines jugendlichen kräftigen Mannes ansehen müssen, und Abweichungen
davon nach der Kreisform zu bei Lebenden auf Muskelschwäche
zu beziehen haben.

Durchschnitte an weichen, nicht erhärteten Cadavern geben natürlich
keine festen, den ursprünglichen Verhältnissen entsprechende Formen.
Bei ihnen geben die Theile so weit nach, dass sie ebenso, wie man dies
beim Aufthauen der gefrornen Scheiben beobachten kann, eine Kreisform
allmälig annehmen. Dies mag wohl auch der Grund sein, warum die

Abbildungen von Beraud und Ntihn, die fast gleiche Regionen des Halses im
Durchschnitte wiedergeben, so wesentlich von der meinigen in Beziehung
auf die äussere Form abweichen. Wenigstens ist daselbst von einer Abnormität
wie bei Pirogoff nichts erwähnt. Die Abbildung von Beraud findet
sich in dessen Atlas äanatomie chirurgicale, Paris, 1862, planche 37.
Die Zeichnung von Nuhn ist von Henle, in seiner Muskellehre pag. 131 und
von Henke, Atlas der topographischen Anatomie, Tafel 69, wiedergegeben
worden.

Was die einzelnen Theile auf der vorliegenden Abbildung betrifft, so
ist zunächst der Kehlkopf zu betrachten, welcher nahe unter den. Stimmbändern
getroffen wurde. Man sieht vorn den Bogen, welchen die Durchschnittsfläche
des Schildknorpels bildet, und nach hinten zu ihm gegenüber
die durchschnittene Platte des Ringknorpels. Von den Giessbecken-
knorpeln sind nur die Muskelfortsätze getroffen, worden; von den Stimmfortsätzen
ist nichts mehr zu sehen. Dieselben lagen höher oben. Der
Raum zwischen Schild- und Ringknorpel ist so ziemlich ausgefüllt durch
das Muskelfleisch des m. thyreo-arytaenoideus und m. crico-argtaenoideus
lateralis.^ Lateralwärts von beiden liegen Streifen vom m. thyreo - ary - epi-
glotticus. Hinter diesem, an der Vorderfläche der musculi crico-arytaenoi-
dei postici zeigt sich der nervus laryngeus inferior und die arteria laryngea
inferior.

Aus der Form des quergeschnittenen Luftweges erkennt man ebenfalls
, dass man sich nicht weit unterhalb der Stimmritze befindet. Man
erkennt noch die schräg nach vorn abwärtsgehende Fläche der Ringknorpelplatte
. Weiter nach abwärts erweitert sich der Raum immer mehr, geht
aus einer seitlich comprimirten Form in die eines Cylinders über, da wo
der Ringknorpel ihn allseitig einschliesst, und nimmt endlich in der trachea
auf dem Durchschnitte die Gestalt eines Kreissegmentes an.

Da der vorliegende Schnitt für die Verhältnisse des Kehlkopfes kein
grosses Interesse bietet, so habe ich an einem in Alkohol gehärteten Präparate
einen Schnitt genau in der Ebene der
Stimmbänder angelegt und dessen Abbildung
noch hier beigefügt. Man erkennt
daran, dass die processus vocales sich unmittelbar
in die elastischen Fasern der
Stimmbänder fortsetzen. Es lässt sich leicht
nachweisen, dass an der Uebergangsstelle,
die sich makroskopisch nicht scharf begrenzt,

Netzknorpel liegt. Nach vorn zu gehen die
Stimmbänder in einen Bindegewebswulst

über, von welchem auch die musculi thyreo-arytaenoidei ihren Ausgangspunkt
nehmen. Die" Schleimhaut, welche an den Stimmbändern
kein Flimmerepithel zeigt, überzieht dieselben straff und fest angeheftet.

Drüsen finden sich unter derselben in dieser Ebene nur vorn im
Winkel zwischen den vorderen Enden der Stimmbänder, und hinten zwischen
den Giessbeckenknorpeln. Lateralwärts von den Stimmbändern liegen die
2 Schichten der musculi thyreo-arytaenoidei, von denen der mediale als
internus, der laterale als externus bezeichnet wird. Weiter nach aussen
von ihnen liegen die durchschnittenen Fasern des Muskels, welcher theils
vom Schildknorpel zum Kehldeckel, theils vom Giessbeckenknorpel dahin
geht, m. thyreo-a.ry-epiglotticus (Rente'). Hinter den Durchschnittsflächen
der Giessbeckenknorpel liegt quer von dem einen zum andern hinuntergehend
der musculus arytaenoideus im Durchschnitte vor.

Auf der grossen Abbildung zeigt sich hinter dem Ringknorpel und hinter
dem Querschnitte des m. crico - arytaenoideus posticus der quere Spalt des
pharynx, angehängt an den Schildknorpel, wie die Sehne an einen Bogen.
Da er sich im leeren Zustande beim Durchschneiden befand, so berühren


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