Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., RA gr.2.2014/14-1
Braune, Wilhelm [Hrsg.]
Topographisch-anatomischer Atlas: nach Durchschnitten an gefrornen Cadavern (Text)
1872
Seite: 21a
(PDF, 16 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/topographisch1872-1/0045
TAFEL XV

Die auf dieser Tafel vorliegende Abbildung- schneidet den Rumpf im ,
epigastrium, und legt Leber, Magen und Milz frei. Von den Lungen ist
nichts mehr zu sehen, dagegen erkennt man noch innerhalb der Rippen die
schwarze Linie, welche den Spalt der Pleurahöhle wiedergibt, und daneben
das Zwerchfell, welches sich auf diesem Durchschnitte als muskulöser Ring
präsentirt. Was nach aussen davon liegt, gehört somit der Brusthöhle an;
innerhalb des Zwerchfells hat man das Gebiet der Bauchhöhle vor sich.

Die Abbildung gibt die obere Fläche einer 5 Centimeter starken
Scheibe wieder, welche demselben normalen Cadaver angehörte wie die
vorhergehenden und nachfolgenden Präparate.

Von den Skelettheilen zeigt sich der Körper des 11. Brustwirbels, nahe
an seinem unteren Rande geschnitten, so dass noch ein Stückchen der nächst
tieferen Bandscheibe zum Vorschein kommt. Der dahinter liegende Bogen
gehört ebenfalls dem 11. Wirbel an; vor den davor liegenden Gelenkspalten
markiren sich aber bereits die Gelenkfortsätze des nächst folgenden Wirbels.
Beiderseits ein Stück vom Wirbel entfernt liegen die Durchschnitte der IL,
weiter nach aussen die der 10., dann die der 9., 8., 7., 6. Rippen. Die 7.
und 6. Rippen sind 2 mal getroffen worden, der processus xyphoideus dagegen
nicht mehr. Er endete bereits oberhalb der Schnittfläche.

Es fällt gleich bei der ersten Betrachtung auf, dass die rechte Hälfte
eine grössere Ausdehnung besitzt als die linke. Der Querdurchmesser
beider Hälften differirt um einen Centimeter. Der Grund dieser Ungleichheit
lag aber nur zum Theil in einer Asymmetrie des Körpers an dieser
Stelle, da beim Durchsägen das Sägeblatt von der Mitte an nach rechts
etwas aus der Horizontalebene abgewichen war.

Den grössten Raum nimmt auf dieser Abbildung die Leber ein, welche
vollkommen normale Struktur und Gewicht hatte. Der linke Lappen
derselben verlängerte sich in eine dünne Platte, die sich wie ein Deckel
über dem Magen bis in die Nähe der Milz hin erstreckte. Daraus erklärt
sich auch die verhältnissmässig grosse Ausbreitung der Leber in der linken
Zwerchfellkuppel, wie sie sich auf der vorhergehenden Tafel präsentirt.

An der Verbindungsstelle des rechten und linken Lappens, in der fossa
longitudinalis sinistra, erkennt man in einer Falte des Bauchfells das liga-
mentum teres; rückwärts davon, am Zwerchfelle anliegend, den lobidus
Spigeliimit dem Netzbeutel; rechts daneben die untere Hohlvene; vor dieser,
innerhalb der Leber, in der fossa transversa, die violett gefärbte Pfortader
mit dem weiss gehaltenen ductus hepaticus.

Der Magen enthielt ungefähr einen Tassenkopf voll gefrorenen Speisebrei
. Nachdem derselbe vorsichtig herausgeschafft worden war, wurden
die Wandungen noch im erstarrten Zustande in ihrer ursprünglichen Lage
abgezeichnet. Es liess sich später feststellen, dass der fundus des Magens
die am höchsten gelegene Stelle eingenommen hatte, dass nach der dem
Anfangstheil des Magens angehörigen Erweiterung, eine Verengerung
folgte, an welcher die Faltungen der Schleimhaut am stärksten ausgeprägt
waren, und dass darauf die Höhlung wieder weiter werdend sich nach
rechts und unten hin fortsetzte. Es zeigte sich also, dass Luschka völlig
Recht hat, wenn er die platte Aneinaiiderlegung der vorderen und hinteren
Magenwand bei leerem Organe bestreitet. Auch hier, wo völlig normale
Verhältnisse vorlagen, zeigte sich der Magen darmartig an den leeren Stellen
contrahirt; nirgends abgeplattet, wie er in älteren Zeichnungen dargestellt
wird.

Die hinter dem Magen liegende Bauchfellspalte mit der sie umgrenzenden
Membran gehörte wie die am lobidus Spigelii, dem kleinen
Netze an. Beide Höhlungen hingen unmittelbar unter der Schnittfläche miteinander
zusammen.

Weiter nach rückwärts liegt die normalgrosse Milz mit den ihr zugehörigen
Gefässen. Sie entsprach dem Verlaufe der 9., 10. und 11. Rippe
und hielt in ihrem grössten Durchmesser die Richtung dieser Rippen ein.
Von der linken Nebenniere war noch nichts zu sehen, während die
rechte zwischen Leber und Zwerchfell deutlich erkennbar in die Schnittfläche
hereinragte.

Was die Verhältnisse des Bauchfells betrifft, so muss bemerkt werden
, dass solche Querdurchschnitte durchaus nicht geeignet sind, dieselben
zu erläutern. Man kann die Höhlungen nur als feine schwarze Linien, die |

Bauchfellplatten nur als dünne weisse Streifen wiedergeben, die das Auge
leicht irreführen, wenn sie mehrfach auf einander zu liegen kommen. Will
man in dieser Beziehung etwas Erspriessliches leisten, so muss man Flächen-
ansichten geben, oder Längs- und Schrägschnitte den Zeichnungen zu
Grunde legen, bei denen dann halbschematisch die Höhlungen des Bauchfellsackes
vergrössert erscheinen. Bei Luschka und Beule findet man vorzügliche
Abbildungen dieser Art, die keiner weiteren Vermehrung bedürfen.

Dagegen sind solche Durchschnittszeichnungen, wie sie hier naturgetreu
vorliegen, wichtig in chirurgischer Beziehung. Man übersieht
sogleich, welche^Stellen vom Bauchfell frei sind und welche nicht, und
wird danach den Operationsplan einrichten können, der ja bei chirurgischen
Eingriffen an der Bauchhöhle immer in erster Linie eine Vermeidung des
peritonaeum anstreben muss. Deshalb ward auch bei dieser Zeichnung so
wie bei den folgenden mit grösster Gewissenhaftigkeit darauf gesehen, die
Grenzen der Höhlungen und die Umschlagsstellen des peritonaeum genau
wiederzugeben; und es ward in diesem Sinne auch nicht die Höhlung des
Netzbeutels vom lobulus Spigelii bis zur hinteren Wand des Magens zusammengezogen
, trotzdem dass beide Höhlungen unmittelbar unter der
Schnittfläche mit einander zusammenhingen. Dieses vom Bauchfell nicht
überzogene Stück des Magens, welches am Zwerchfell anliegt, stellt somit
das Ende der bauchfellfreien hinteren regio cardiaca dar.

Man wird dies Verhältniss, trotzdem dass auf älteren Zeichnungen
diese freie Stelle nicht so ausgedehnt wiedergegeben wird, doch für normal
erkennen, wenn man die beigegebenen Holzschnitte vergleicht; dieselben
zeigen bei verschiedenen Individuen ganz das Nämliche.

Es ist bei der Betrachtung des Bauchfells im Äuge zu behalten, dass
dasselbe 2 mechanische Funktionen vornehmlich zu erfüllen hat: dass es
die Organe an bestimmten Stellen in der Bauchhöhle fixirt, aber auch wieder
gleich einem colossalen sinuösen Schleimbeutel die Verschiebung derselben
gegeneinander bei dem wechselnden Stande ihrer Anfüllung ermöglicht.
Eine solche Verschiebung wird überall da eintreten können, wo die
" schwarzen Linien, ähnlich den Gelenkspalten, die Höhlungen des peritonaeum
wiedergeben; an den Stellen dagegen, wo das peritonaeum sich umschlägt
und einen freien Raum an den Organen zum Eintritt der Gefässe
übrig lässt, sind dieselben an ihre Umgebung fixirt.

Um die Verhältnisse zu zeigen, wie sie sich in den Extremen des
Lebensalters darstellen, habe ich hier 2 Abbildungen im Holzschnitte beigefügt
. Die eine Abbildung ist von dem Cadaver eines 50jährigen Mannes
genommen, der eine vergrösserte Leber und Milz hatte; die andere von dem
frischen Cadaver eines ausgetragenen normalen Mädchens, welches wegen
hochgradiger Beckenenge der Mutter nach vorausgegangener Kephalotrypsie
extrahirt ward, also zur Welt kam ehe es noch geathmet hatte.

71

JE

Fig. 1. (Jadaver viri, 50 annorum. 1j2.

1. hepar. 2. ventr/culus. 3. lien. 4. pulmo siniater.


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