Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., RA gr.2.2014/14-1
Braune, Wilhelm [Hrsg.]
Topographisch-anatomischer Atlas: nach Durchschnitten an gefrornen Cadavern (Text)
1872
Seite: 22a
(PDF, 16 MB)
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Lizenz: Public Domain Mark 1.0
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/topographisch1872-1/0047
TAFEL XVI

Die Abbildung zeigt den 1. Lendenwirbel in seiner Mitte getroffen.
Daneben hat man rechts die Durchschnittsflächen der 12., IL, 10., 9., 8.,
7., 7., 8., Rippe. Die 7. und 8. Rippe ward doppelt getroffen, weil vorn die
aufsteigenden Knorpelbögen mit in die Schnittfläche heraufragten. Links
neben dem Wirbel fehlt die 12. Rippe, cla sie so kurz war, dass sie nicht
einmal bis zur Schnittfläche herabging, sondern vollständig in der vorhergehenden
Scheibe des Cadavers verborgen blieb. Man hat hier also nur
die Durchschnittsflächen der IL, 10., 9., 8., 7., 8. Rippe. Die 7. Rippe ist
an der Umbiegungsstelle des Knorpels getroffen worden; die 8. Rippe dagegen
, sowie auf der rechten Seite, 2 Mal. Der Schnitt legte also ebenfalls,
wie der vorhergehende, die obere Parthie der Bauchhöhle frei, mit einem
Stückchen der Milz, des Magens, und einem grösseren Theile der Leber.
Das Zwerchfell ward vorn in seinem Ansatz an die 7. Rippe getroffen,
gegenüber dem m. transversus abdominis, dann in seinem freien Theile, so
dass noch ein Stück der Pleurahöhle zu sehen ist, und hinten in seinen
Bögen und Schenkeln. Die Pleurahöhle, welche ganz deutlich erkennbar
an der hinteren Wand des Rumpfes bedeutend weiter nach abwärts reicht
als vorn, erstreckte sich links bis zum Durchschnitt der 9., rechts sogar
bis zu dem der 7. Rippe. Sie zeigte sich nur als feiner, durchgängig
freier Spalt, der sich aber bei Pleuritis zu beträchtlicher Höhlung
erweitern, und bereits ziemlich grosse Quantitäten Flüssigkeit beherbergen
kann (bis über 1 Pfund), ehe dieselben diagnostisch nachweisbar werden.
Eine normale Lunge vermag jedoch selbst bei tiefer Inspiration nicht bis
hierher herabzukommen.

Ausser den Resten von Leber, Magen und Milz erkennt man in
der vom Zwerchfell und vorn vom m. transversus abdominis umschlossenen
Bauehhöhle die Nieren, das Pankreas und Därme. Die Scheibe, deren
obere Fläche hier abgebildet ist, hatte eine Stärke von 9 Centimeter und
ragte mit ihrer unteren Fläche bis zum Nabel.

Um die Darmhöhlungen sichtbar zu machen, wurde mit grösster
Sorgfalt durch heisse Pincetten der gefrorene Inhalt von der Mitte aus losgebrochen
, ehe noch die Darmwandungen aufgethaut waren und dieselben
dann noch im erstarrten Zustande mit ihren Falten genau abgezeichnet.
Man erkennt daher leicht an den regelmässigen und stark vorspringenden
Kerkring'schen Falten den Dünndarm, und an den unregelmässigen und
flachen Schleimhautvorsprüngen den Dickdarm.

An der Leber, vorn, links nach innen zu, liegt in einer ähnlichen
Aushöhlung wie hinten die Niere, das colon ascendens, unmittelbar unter
der flexura coli dextra quer durchgeschnitten, so dass man in seine Höhlung
tief hinabsehen kann. Der Inhalt bestand aus grün gefärbten Fäkalmassen
und enthielt nur wenig Luft. Zwischen dem colon ascendens und der rechten
Niere liegt das duodenum, und zwar in seinem senkrechten Theile, da wo
es um den Kopf des pancreas sich herumwindet, quer abgeschnitten. Die
Leber selbst erfüllt wie ein Ausguss den übrigen Raum nach aussen von
diesen 3 Organen bis zum Zwerchfell. Man erkennt an ihrer Oberfläche
ganz deutlich die Abdrücke der Nachbartheile. Ihre convexe Oberfläche
schliesst innig an.die Zwerchfellslinie an, nach innen dagegen wird der
Leberumriss unregelmässig durch Vorsprünge und Vertiefungen; vorn durch
die impressio colica, hinten durch die impressio renalis'. Formen, die an dem
herausgenommenen Organe zwar auch noch zu erkennen sind, aber doch
wegen der Ausgleichung des Druckes innerhalb der Peritonaealhülle mehr
verschwinden müssen. Es lässt sich nachweisen, dass die Form der Leber
keine selbstständige ist, sondern von dem Drucke und dem Volum der benachbarten
Organe abhängt, dass dies Organ also im normalen Zustande eine
Weichheit des Gewebes besitzen muss, die es mit dem Fett und dem Zellgewebe
vergleichen lässt, das so sehr den Bewegungen und Verschiebungen
der Nachbarorgane nachgiebt. Man braucht nur eine Reihe von Durchschnitten
an gefrorenen Leichen durch die Lebergegend zu machen, oder die
Tafeln von Pirogoff, fasc. III, No. 1, 2, 3, 5, 7, zu vergleichen, so wird

man finden, dass die Leber in ihrer Gestalt überall durch die Nachbarorgane
bestimmt wird und recht eigentlich alle übriggebliebenen Lücken
ausfüllt.

Von der Milz ist nur noch ein kleines Stückchen zu sehen, und zwar
überall von Peritonäalhöhle umgeben, also .nirgends an dieser Stelle mit der
Umgebung verwachsen. Sie ragt mit ihrem hinteren Ende bis zum Querschnitt
der 11. Rippe, entspricht also, wenn man die vorhergehende Tafel
mit in Betracht zieht, in ihrer Lage dem Laufe und der Krümmung der 9.,
10., 11. Rippe. Damit stimmt vollständig überein, was Luschka neuerdings
über die Lage dieses Organs veröffentlicht hat (Prager Vierteljahrschrift,
Bd. 101. 1869. pag. 122).

Im Texte zu Tafel XIV habe ich 3 Holzschnitte, Fig. 1, 2, 3, beigegeben
, die ebenfalls die Lage der Milz erläutern, wenn sie auch nicht
ursprünglich auf diesen Zweck gerichtet waren. Sie stellen die Lage der
Organe der Oberbauchhöhle in den Kuppeln des Zwerchfells dar bei verschiedener
Füllung des Magens, und wurden angefertigt nach Präparaten,
die unter Erhaltung des peritonaeum bei Wegnahme der oberen Hälfte des
thorax und eines Theil.es des Zwerchfells eine Einsicht von oben her gestatteten
. Trotz der perspektivischen Zeichnung, die die Lage der Milz
nicht völlig correct wiedergiebt, geben sie ähnliche Resultate.

Es müssen ferner hierbei die Abbildungen von Pirogoff] fasc. III B,
verglichen werden, welche plastische Darstellungen wiedergeben, die durch
Herausmeiseln aus dem gefrorenen Oadaver gewonnen wurden.

Aus allen diesen Darstellungen geht hervor, was auch Luschka angibt,
dass die Milz nicht den höchsten Punkt der linken Zwerchfellkuppel occupirt,
auch nicht mit ihrem hilus den fundus des Magens aufnimmt, sondern dass
der fundus des Magens, überdeckt vom linken Leberlappen wie von einem
Deckel, am höchsten in der linken Zwerchfellkuppel liegt, und erst seitlich
von ihm die Milz ihre Lage einnimmmt.

Dieser Lage entsprechend wird auch die Milz nicht den grössten Ex-
cursionen des Zwerchfells ausgesetzt sein und weniger beim Athmen dis-
locirt werden als wenn sie hoch oben in der Kuppel des diaphragma läge.
Doch ist dieser Einfluss immerhin beträchtlich genug um praktisch ver-
werthet werden zu können. Man wird zwar nicht immer mit Sicherheit
eine normal grosse Milz selbst bei tiefem Inspirium unter dem linken
Rippenbogen fühlen, trotzdem sie beim Lebenden schon an und für sich
durch das Zwerchfell tiefer gestellt ist, als beim Cadaver mit seinem hohen
Exspirationszustande; man wird jedoch bei Vergrösserungen derselben fast
stets im Stande sein, das vergrösserte Organ mit dem Finger zu erreichen,
wenn man nur das Individuum recht tief einathmen lässt. Die Grösse-
bestimmungen der Milz durch Perkussion finden immer gewisse Schwierigkeiten
, die nicht unterschätzt werden dürfen. Ich erinnere nur an die
Nachbarschaft der Niere, und der flexura coli sinistra, die bei Kothanhäufungen
schon mehr als einmal einen Milztumor simulirt hat.

Vom Magen ist nur noch vorn am linken 7. Rippenknorpel ein Streifchen
zu sehen; der Zusammenhang mit dem zwischen Leber, Pankreas und
rechter Niere liegenden duodenum ist nicht mehr vorhanden. Man erkennt
aber aus der Lage des duodenum, dass der pylorus nahe an der Mittellinie
des Körpers gelegen haben muss, so wie dass der Pförtnerantheil des
Magens eine schräge Richtung von vorn nach hinten verfolgte, so dass die
valvula pylori nicht rein sagittal sondern mehr frontal, also schräg nach
vorn gerichtet sein musste [Luschka). Im Atlas von Pirogoff] Hl, 2, Fig. 7,
findet sich ein Durchschnitt, der gerade durch den pylorus des Magens geht,
und dessen Lage genau wiedergibt. Nach dieser Abbildung lag der pylorus
in der vorderen Hälfte der Bauchhöhle, dem 11. Brustwirbelkörper gegenüber
, unmittelbar rechts neben der Mittellinie des Körpers. Es stimmt also
dieser Befund vollständig mit den Angaben von Luschka überein, wonach
der pylorus nicht im rechten hypochondrium zu suchen ist, da er nicht
i einmal den rechten Rippenbogen erreicht. Man kann aus der vorliegenden


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