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Schenkels wird man In der Zeichnung Andeutungen dieser Struktur
wiederfinden.
Die Gelenkhöhlen selbst zeigen sich nur als Spalten. Ihre Ausdehnung
nach abwärts erläutert bis zu welcher Grenze intrakapsuläre
Brüche des Schenkelhalses hinabreichen können und wo das Gebiet der
extrakapsulären Frakturen anfängt. Da die innerhalb der Kapsel liegenden
Fracturen das obere Bruchstück isoliren und nur in Verbindung mit
dem ligamentum teres und der schwachen arteria acetabuli lassen, so ist
ersichtlich, dass auch abgesehen von der Schwierigkeit einer genauen
Reposition und Retention der coaptirten Theile eine Anheilung des oberen
Stückes, wegen der so ungünstigen Ernährungsverhältnisse, zu den
grössten Seltenheiten gehören muss.
Eine Vermehrung der Gelenkflüssigkeiten, wie sie bei Entzündung
des Gelenkes vorkommen kann, wird bei gestreckter Lage des Gelenkes
nicht im Stande sein die Flächen der Pfanne und des Kopfes von einander
zu entfernen. Das starke ligamentum üeofemorale presst in Folge
seiner Torsion bei der vollkommenen Streckung beide Knorpelflächen fest
aufeinander. Dagegen wird bei Beugung des Gelenkes eine solche Entfernung
beider Flächen durch Vermehrung der Gelenkflüssigkeit zu
Stande kommen können. Und zwar ist der Grad derselben in der That,
wie Versuche ergelien, ein nicht unbedeutender. Spritzt man nach dem
Vorgange von Bonnet durch die Pfanne Flüssigkeiten in die Gelenkhöhle
, so nimmt das Gelenk die Stellungen nach einander ein, welche
der Kapselhöhle den grössten Raum gewähren, welche aber auch zugleich
das ligamentum ileofemorale in den Zustand der grössten Erschlaffung
versetzen. Der Oberschenkelknochen erhebt sich und rollt etwas nach
aussen. Las st man nun das Gelenk gefrieren, so kann man Durchschnitte
machen, die das Verhältniss der Gelenkflächen zu einander bei
dieser Stellung gut anschaulich machen. Eine solche Abbildung in genau
halber Grösse ist die hier beigebene.
Fig. 1. Frontalschnitt eines mit Talg injicirten gefrorenen Hüftgelenkes.
1. Oberschenkelkopf. 2. Sehne des m. rechts. 3. m. oblurator externus. 4. m. pectinevs.
5, Sehne des üiopsoas. 6. m. ylutaeus minimus.
Das Präparat wurde von dem frischen und normalen Leichnam eines
jugendlichen Frauenzimmers genommen. Um den Oberschenkel leichter
beweglich zu machen, wurden die oberflächlichen Muskeln hinweggenommen
und der Oberschenkel-Knochen selbst in der Mitte abgesägt.
Beim Einspritzen des Talges von der Pfanne aus, wobei ein möglichst
starker Druck angewendet wurde, erhob sich der Oberschenkel und ward
auswärts gerollt. In dieser Stellung ward nach dem Gefrieren die Durchsägung
in frontaler Richtung vorgenommen, wobei der Schnitt nicht genau
in der Mitte des Kopfes sondern etwas vor derselben durchging und am
trocJianter minor nach hinten aus dem femur herauskam, so dass die punktir-
ten Linien nur die Richtung des weggenommenen Oberschenkelschaftes
andeuten.
Die Talgmasse, welche hier durch die dunkle Schattirung wiedergegeben
ist, hatte auf dem Durchschnitte eine Stärke von 6 Millimeter,
war ein Stück weiter in die Tiefe noch etwas stärker und umgab den
Kopf wie eine Kappe; sie erstreckte sich nach abwärts bis zum Ansätze
der Synovialhaut und hatte letztere an ihrer hinteren Wand blasig vorgetrieben
.
Man wird also, vorausgesetzt, dass bei Coxalgieen, welche ähnliche
Gelenksteilungen zeigen, gleiche Flüssigkeitsmengen in der Gelenkhöhle
sich vorfinden, eine wirkliche Verlängerung des Schenkels erwarten
können. Allein man wird darauf verzichten müssen, dieselbe durch
Messung nachzuweisen. Selbst wenn es möglich wäre, bis zu einem
halben Centimeter genau messen zu können, was bei der gleichzeitigen
Beckenverschiebung kaum annehmbar ist, so wird die Beugung des Beines,
ohne welche eine solche Abweichung des Kopfes von der Pfanne nicht möglichist
, die genaueMessungderwirklichen Verlängerungunmögliclimachen,
Schliesslich erfordern die Verhältnisse der Schwellkörper und der
Harnröhre noch unsere Aufmerksamkeit. Wie man sieht, verlief der
Schnitt vor der prostata, schnitt die Schwellkörper des penis nahe ihrer
Wurzel und ging durch die Harnröhre in ihrer pars bulbosa. Schwellkörper
, Arterien, Schwellkörpermuskeln sind gut zu erkennen. Ueber
ihnen breitet sich die Fläche des m. transversus perinaei profundus aus
mit einer Anzahl starker Venen.
Da es mir wTünschenswerth erschien, alle diese Theile noch ein
Stück weiter hinten im frontalen Schnitte zur Anschauung zu bringen,
so schnitt ich von dem festgefrorenen Leichnam eines zweiten normal
gebauten muskelkräftigen Mannes so lange in frontaler Richtung dünne
Scheiben ab bis ich auf die pars prostatica der Harnröhre kam. Der am
Schlüsse beigefügte Holzschnitt, gibt die Abbildung davon in verkleinertem
Massstabe, so dass dieselbe erläuternd zu den Verhältnissen auf der
vorliegenden Tafel hinzutritt.
Man erkennt sofort aus den Verhältnissen der Schenkelköpfe und der
Hüftgelenke, dass wir uns auf diesem zweiten Durchschnitte ein beträchtliches
Stück weiter hinten befinden. Der linke Schenkelkopf ist nur noch
in einem flachen Abschnitte getroffen worden und steht nicht mehr in Verbindung
mit äem femur. Der Körper des Sitzbeins zeigt eine grössere
Durchschnittsfläche entsprechend der stärkeren Entwicklung desselben
hinter der Pfanne, membrana obturatoria, aufsteigender Ast des Sitzbeins
, mm. obturator internusund externus zeigen noch gewisse Aehnlich-
keit mit den entsprechenden Theilen auf der Tafel; ebenso die Sclrwell-
körper. Dagegen tritt an Stelle der Blasenspitze die hintere Wand der
Blase und die hintere Hälfte der prostata mit dem Schnepfenkopfe. Die
Harnröhre in ihrer pars membranacea und prostatica, liegt eröffnet vor
uns. Zu beiden Seiten derselben der mächtige m. transversus perinaei
profundus.
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Fig. 2. Frontalschnitt eines normalen männlichen Beckens in der pars membranacea urethrae. 1/2.
1. prostata. 2. Harnblasenwand. 3. Caput gallinaginis. 4. m. transversus. 'perinaei profundus. 5. lulbus corp. cavernos. urethrae. 6. ra.mus ascendens oss. ischii. 7. membrana obturatoria. 8. m. obturator externus.
9. m, obturator internus. 10. m.jadductor magnus.
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