Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., RA gr.2.2014/14-1
Braune, Wilhelm [Hrsg.]
Topographisch-anatomischer Atlas: nach Durchschnitten an gefrornen Cadavern (Text)
1872
Seite: 31b
(PDF, 16 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Anatomische Literatur

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/topographisch1872-1/0066
TAFEL XXYIII.

Zu dem vorliegenden Frontalschnitte des thorax in der Tiefe der
Schultergelenke wurde die frische Leiche eines sehr muskelstarken grossen
Mannes benutzt, der sich erhängt hatte. Die Organe zeigten ausser der
beträchtlich vergrösserten Schilddrüse normale Verhältnisse. Bei der
Lagerung des Cadavers musste besondere Rücksicht auf die oberen Extremitäten
genommen werden, da es wünschenswerth erschien, den humerus in
der ganzen Länge zu schneiden. Zu dem Zwecke wurde durch Unterlagen
iii der Gegend des Ellnbogengelenkes dafür gesorgt, dass die Oberarme
parallel zur Längsachse des Körpers blieben, wie dies in aufrechter Stellung
bei hängenden Armen der Fall ist. Ausserdem wurde der humerus
beiderseits so weit nach aussen gerollt, dass der sulcus intertubercularis gerade
nach vorn gerichtet ward. Nachdem das Cadaver in dieser Stellung
fest gefroren war, wurde zunächst der Kopf durch, einen Sägeschnitt
unterhalb des Kehlkopfes entfernt, und die untere Körperhälfte in
der Ebene der Brustwarzen abgenommen. Dann erst wurde der Frontalschnitt
ausgeführt und zwar in der Weise, dass er durch die Mitte der
Oberarmköpfe ging und im Schafte des humerus blieb.

Es muss ferner bemerkt werden, dass vor dem Gefrieren die Arterien
mit Harzmasse von der cruralis aus injicirt wurden. Nach der Injektion
wurden die unteren Extremitäten abgenommen, sonst aber nichts vom
Cadaver entfernt, um den Stand des Zwerchfells und die Krümmung der
Wirbelsäule nicht zu alteriren.

Die Kuppeln der Lungen sind bei diesem Schnitte nicht an ihrem
höchsten Punkte getroffen worden. Es ist bekannt, dass beide arteriae
subelaviae über die Lungenkuppeln hin wegziehen und dabei eine flache Impression
an der Pleura hervorbringen, die bei der Betrachtung des inneren
Thoraxraumes als flacher Wulst erkannt wird. Die Arterien überschreiten
aber nicht die Kuppeln an ihrem höchsten Punkte. Derselbe liegt vielmehr
hinter denselben unter dem plexus brachialis in der Gegend des Köpfchens
der ersten Rippe. Da nun der Schnitt nur den Bogen der rechten
a. subclavia getroffen hat, von der linken aber nichts berührte, sondern vor
derselben verlief, so ist schon aus der Abbildung ersichtlich, was auch das
Präparat bei späterer Untersuchung zeigte, dass die Lungen und Pleurahöhlen
sich nach rückwärts noch bedeutend weiter hinauf erstreckten. Die
erste Rippe war an ihrem vorderen Ende geschnitten worden. Die rechte
hinter dem Ansätze des m. scalenus anticus, die linke gerade im Ansätze
dieses Muskels. Die Lungenwurzeln liegen hinter der Schnittfläche
und zwar die linke noch weiter davon entfernt als die rechte. Dem entsprechend
zeigt sich auch auf der linken Seite der Abbildung keine Unterbrechung
der Pleuren, während rechts (also links vom Beschauer) die
Umschlagsstelle der Pleura in den Schnitt hineinfällt. Durch den dazu
tretenden Herzbeutel compliciren sich die Verhältnisse. Man hat zwischen
Lungen und Herz je 2 Spalten, die Spalte der Herzbeutel höhle und Pleurahöhle
, und somit je 4 Linien, die 2 Blätter des Herzbeutels und die der
Pleura. Die Ausdehnung dieser Höhlen war nicht anders wiederzugeben,
als dass die Linien des Herzbeutels und der Pleuren stärker gezeichnet
wurden als sie in der Natur sind, so dass ein Missverhältniss der Zeichnung
resultirt, welches bei der Betrachtung corrigirt werden muss.

Vom Herzen ist der linke Ventrikel geöffnet und ein Stück des rechten
Vorhofes zu sehen. Im Zusammenhange damit erscheint die vena eava
superior und aorta ascendens halbirt. Die vena eava superior ist in ihrer
ganzen Länge freigelegt, so dass man die Eintrittsstelle der von hinten her
in sie einmündenden vena azygos vor sich hat. In der Verlängerung der oberen
Hohlader ist auch die mehr steil verlaufende vena anonyma dextra geschnitten
bis zu ihrem Ende mit 2 zarten nach oben abschliessenden Klappenventilen
. Die mehr schräg herabziehende vena anonyma sinistra ward mit der
vorderen Hälfte des Präparates entfernt. Nur ihr Ende an der Einmün-
dungsstelle der vena subclavia sinistra m^rkirt sich als ein grosses blaues
Venenlumen unmittelbar über der ersten Rippe linker Seite.

Die aufsteigende aorta ist bis zum horizontalen Theile ihres Bogens
freigelegt, und nach Entfernung der Injektionsmasse in natürlicher Lage
abgebildet. Sie zeigt an ihrem Ursprünge die mächtigen Ausbuchtungen
des Bulbus, hervorgebracht durch den starken Injektionsdruck an den
Semilunarklappen, von denen zwei, die eine nahezu halbirt, zu sehen sind.
Unter den Klappen, im geöffneten linken Ventrikel präsentirt sich der
Aortenzipfel der Mitralklappe. Der liquor pericardii hatte sich im oberen
Theile des Herzbeutels gesammelt. Man erkennt an der grauen Färbung,
welche das angeschnittene linke Herzohr oberhalb des linken Ventrikels
umgiebt, dass dort die beiden Blätter des Herzbeutels nicht unbedeutend von
einander abstehen, während sie an allen übrigen Stellen direkt aneinander
liegen, so dass alle anderen Partieen der Herzbeutelhöhle nur als Spalten
sich markiren. Zwischen linkem Ventrikel und aufsteigender Aorta zeigt
sich der grosse Querschnitt der Pulmonalarterie, die ihrer nahezu horizontalen
Lage wegen auch ziemlich q[uer geschnitten werden musste. Man
blickt in ihr Lumen von vorn nach hinten hinein und erkennt das Lumen
des rechten Astes, der scharf hinter der aorta umbiegt, um zur rechten
Lungenwurzel zu gelangen, während der linke Ast schräg nach aufwärts
und aussen geht, um über den linken bronchus hinweg die linke Lungenwurzel
zu erreichen.

Die Lage der von der aorta abgehenden grossen Arterien ist durch
die stark angeschwollene Schilddrüse ziemlich bedeutend alterirt. Dieselbe
hatte, wie es auch die Zeichnung wiedergiebt, die trachea von beiden Seiten
her comprimirt und wahrscheinlich auch den dahinter liegenden Oesophagus
bei der Deglutition gehindert. Sie lagerte sich wie ein mächtiger Knollen
in die Gabel, welche beide Carotiden mit der aorta bilden und bog sie auseinander
. An der linken carotis, die in sehr grosser Ausdehnung geschlitzt
wurde, ist dies noch deutlich zu erkennen, während von der rechten carotis
nur ein Stück vom Ursprünge an der anonyma getroffen ward. Die rechte
carotis blieb also fast vollständig in der Vorderhälfte des Präparates.

Die linksseitige a. subclavia ist auf der Abbildung nicht zu sehen. Da
sie aus dem Aortenbogen hinter der carotis ihren Ursprung nimmt, so lag
sie auch in dem Präparate hinter der Schnittfläche, gedeckt durch den
grossen Muskelabschnitt des pectoralis minor. Erst ihre Fortsetzung, die
a. brachialis an der Innenseite des linken Armes, kam in den Schnitt und
ist zwischen den begleitenden Nerven auf der Abbildung zu sehen.

Rechts dagegen (also links vom Beschauer) kann man die Fortsetzung
der a. anonyma zur subclavia und axillaris gut verfolgen. Nach dem Abgänge
der flach abgeschnittenen carotis zieht sich der Bogen der subclavia
unter der vena anonyma dextra über die rechte Lungenkuppel hinauf, gibt
nach vorn zu die quer abgeschnittene mammaria interna ab, nach oben die
geschlitzte thyreoidea inferior, deren Ende von der Schilddrüse verdeckt
wird, und wendet sich dann über die erste Rippe hinweg nach aussen, um
endlich als axillaris hinter der Schnittfläche des m. biceps zu verschwinden.
Auf diesem Wege ist ein grosses Stück der vorderen Arterienwand hinweggeschnitten
worden, so dass man eine Strecke weit in das Innere des
Gefässes hineinblicken kann.

Diesem verschiedenen Verhalten der arteriae subelaviae auf beiden
Seiten, entsprechen die sie begleitenden Venen. Die rechte vena subclavia
ist oberhalb der 2. Rippe kurz abgeschnitten, während die linke zwischen
m. scalenus anticus und pectoralis minor weit geöffnet ist. Letztere, welche
mehrere kleine Venen aufnimmt, zeigt ein mächtiges Kaliber, und zieht sich
mit ihrer inneren Wand ein Stück weit nach aufwärts, der an der Aussen-
seite der linken carotis herabziehenden venajugulans entgegen, von welcher
auf der rechten Seite gar nichts zu sehen ist, da sie mit der vorderen Hälfte
des Präparates vollständig hinweggenommen wurde. An der rechten Seite
ging an diesen Gegenden der Schnitt etwas tiefer.

Der plexus brachialis dexter ist in seiner gesammten Länge getroffen
und freiliegend, während der linke noch verdeckt ist, und nur in seinen
Wurzeln unter dem m. scalenus anticus sich zeigt.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/topographisch1872-1/0066