Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., RA gr.2.2014/14-1
Braune, Wilhelm [Hrsg.]
Topographisch-anatomischer Atlas: nach Durchschnitten an gefrornen Cadavern (Text)
1872
Seite: 32b
(PDF, 16 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/topographisch1872-1/0068
TAFEL XXIX. XXX. XXXI.

Tafel XXIX.

Die auf dieser Tafel abgebildeten Längsschnitte durch das Ellenbogengelenk
und die Hand wurden an der rechten oberen Extremität eines
normalen jugendlichen weiblichen Cadavers ausgeführt ohne vorherige
Injection der Arterien, und ohne die Gelenke irgendwie zu alteriren. Es
wurden weder Flüssigkeiten in die Gelenkhöhlen eingespritzt, noch den
Gliedern eine bestimmte Stellung aufgezwungen. Sie wurden in der Lage,
die sie gerade hatten, zum Gefrieren gebracht und darauf durchsägt.

Figur 1.

Man hat in dieser Abbildung das längsgeschnittene rechte Ellenbogengelenk
vor sich, von der Radialseite aus betrachtet. Die Säge hat den
hümeriis nahezu halbirt, von der ulna dagegen nur ein Stück ihrer
radialen Seite hinweggenommen. Da der Vorderarm leicht gebeugt und
schwach pronirt lag, so ist auch der radius in seiner Länge getroffen
worden, und zwar so dass vom Köpfchen nur ein kleiner Abschnitt
seiner Ulnarseite übrig blieb, weiter nach abwärts aber Hals und Schaft
schief geschnitten wurde, so dass zuletzt noch die Markhöhle geöffnet ward.
In Folge der Pronation lag der radius nicht mehr parallel neben der ulna,
sondern kreuzte sich mit derselben, mit dem unteren Ende dem truncus sich
nähernd. Die Gelenkhöhle des Ellenbogengelenks ist in ihrer Ausbreitung
auf Streck- und Beugeseite des humerus gut zu übersehen. Die Faltung
der Kapsel in der fossa suprairochlearis posterior entspricht dem geringen
Grade der Beugung. Bei weiter gehender Beugung würde sich dieselbe
ausgleichen und dafür eine Faltung auf der vorderen Seite eintreten müssen.
Die Gruben oberhalb der trochlea werden bei dem Ende der Beugung und
Streckung abwechselnd vom olecranon und processus coronoideus ausgefüllt,
die gefaltete Kapsel aber vorher von einigen Bündeln der diese Bewegungen
ausführenden Muskeln brachialis internus und triceps weggezogen, um eine
Quetschung zu vermeiden.

Von den Beugemuskeln des Vorderarms sind die Endigungen nicht zu
sehen. Der brachialis internus, welcher dicht auf der Kapsel des Ellenbogengelenkes
aufliegt, ist hart oberhalb seiner Endigung an der tuberositas
ulnae halbirt; der biceps scheint schon höher oben aufzuhören. Seine Sehne
zog aber unter der Schnittfläche nach der hinteren Fläche des radius und
zeigt noch einen Theil ihres Ansatzes an der tuberositas radii in der Sehnenmasse
, welche zwischen oberem Ende des radius und ulna zu sehen ist,
die ausserdem auch noch das Hemmungsband für übermässige Supi-
nation, das ligamentum cubiti teres, mit enthält. Dagegen zeigt der triceps
auf der Rückseite des humerus seinen vollen Zusammenhang mit olecranon
und ulna. An der Vorderseite des radius liegt der supinator brevis, weiter
davon die Abschnitte des supinator longus und extensor carpi radialis
longus, deren Köpfe mit Entfernung des condylus extensorius hinweg-
genommmen worden sind.

Figur 2.

Hier liegt ein Längsschnitt durch den rechten Unterarm, Hand und
dritten Finger vor, an demselben Arme gemacht, von dem das Bild in
Fig. 1 stammt. Die Abbildung ist so gehalten, dass man von der Ulnarseite
aus auf das Präparat blickt. Der radius ist in ganzer Länge getroffen
. An seine Gelenkfläche schliesst sich das os lunatum an, darauf
das os capitatum in Verbindung mit dem dritten Metacarpalknochen. Auf
diesem liegt die Schnittfläche der ersten Phalanx und ein Theil der zweiten.
Die dritte Phalanx ist gar nicht getroffen worden, da die Säge bereits am
Köpfchen der zweiten Phalanx austrat, so dass das letzte Fingerglied intakt
auf der Zeichnung zum Vorschein kommt. Die Gelenke sind nicht besonders
für den Durchschnitt vorbereitet worden. Sie stehen an der Hand
im Zustand der Streckung, d. h. zwischen Volar- und Dorsalflexion, während
die Finger im Zustand der Beugung zum Frieren gebracht und geschnitten
wurden. Dieser gekrümmten Lage der Finger entsprechend erscheintauch
die fettarme Haut auf der Streckseite glatt gezogen, während die fettreiche
Volarseite derselben dicke Wülste bildet, welche die angehefteten Stellen
als tiefe Furchen einschliessen. Dass diese Furchen, welche auch bei der
Ausgleichung der Wülste als quere Linien sichtbar sind, nicht den Gelenkspalten
an allen Stellen entsprechen, ist sofort ersichtlich. Die Furche an
der Volarseite der Fingerwurzel liegt beträchtlich tiefer als das dazu gehörige
Metacarpophalangalgelenk, ebenso überragt die zweite Furche, wenn

auch nicht so bedeutend, das Gelenk zwischen erster und zweiter Phalanx.
Man wird daher bei der Exartikulation der Finger von der Volarseite aus
nicht das Gelenk treffen, wenn man direkt auf diese Furchen einschneidet.
Man wird überhaupt die Fingergelenke sicherer erreichen, wenn man von
der Streckseite aus eingeht und bei schwacher Beugung des Fingers ein
Stück unter der Hervorragung, welche das Köpfchen der nächst höheren
Phalanx bildet, den Schnitt führt.

Entsprechend der weiten Ausbreitung des Knorpelüberzuges nach
der Volarseite hin, erstreckt sich auch die Kapselhöhle an der Volarseite
weiter nach aufwärts als an der Streckseite. Die Kapsel selbst ist auch
daselbst beträchtlich verstärkt durch die Sehnenrollen, welche die beiden
ligamenta lateralia, miteinander vereinigen und einer übermässigen Streckung
der Finger Widerstand leisten. Unmittelbar darauf, nur durch Schleimbeutel
.davon getrennt, liegen die Sehnen der Fingerbeuger, von denen der
oberflächliche an der zweiten Phalanx endigt, während der tiefe unter dem
Fett an der zweiten Phalanx verschwindet, um sich zur Endphalanx zu begeben
. Nach aufwärts lassen sich die Sehnen beider Muskeln unter der
Schnittfläche des ligamentum carpi volare proprium hinweg bis in ihre
Fleischmassen gut verfolgen. Sie bilden hier die Hauptmasse des Muskelfleisches
, welches an Stärke die der Streckmuskeln um ziemlich das
Doppelte übertrifft.

Tafel XXX.

Die Reihe der Querschnitte, welche auf dieser und der folgenden Tafel
abgebildet sind, wurde an dem linken Arm eines etwTa 40jährigen äusserst
muskelkräftigen Mannes gemacht, desselben, von dem auch der Frontalschnitt
der Brust und der Schultergelenke stammt. Die Arterien waren vor
dem Gefrieren des Körpers gut injicirt worden. Der Arm selbst blieb in der
Haltung wie sie am Leichnam vorlag, nämlich in schwacher Beugung und
Pronation. Um an den einzelnen Scheiben Orientirungspunkte zu haben,
ward vorher noch eine Linie gezogen vom biceps über den inneren Rand
des caput extensorum zur Streckseite des Daumens, und danach die einzelnen
Scheiben gerichtet, so dass diese Marke an jeder Scheibe und jeder Figur
den obersten Punkt bildete. Demgemäss findet sich an den Abbildungen
des Unterarms der radius über der ulna stehend, rechts von beiden Knochen
die Beugeseite, links davon die Streckseite. Die Bezeichnungen rechts
und links gelten hierbei für den Beschauer.

Figur I.

Durchschnitt durch die Mitte des Oberarms. Man blickt von oben
nach abwärts gleichsam in den eigenen linken Arm hinein. Bei der
Symmetrie beider Extremitäten hat man aber auch die Fläche des Amputationsstumpfes
eines rechten Armes vor sich. Der Schnitt ist unter dem
Ansätze des m. deltoideus geführt; m. biceps und m. triceps nehmen die
Hauptfelder ein, auf der Vorderseite des Knochens liegen ausserdem noch
Theile vom brachialis internus und coracobrachialis. Auf der medialen Seite,
also rechts vom Beschauer, liegen zwischen Beuger- und Streckermuskeln
die grossen Gefässe und Nerven. Nur der n. radialis hat sich bereits auf
seinem Spiralgange an die hintere Seite des humerus begeben, begleitet von
a. profunda. Diese Lage des Nerven bedingt es, dass StÖsse oder Schläge
von hinten her kommend, ihn so stark gegen den Knochen quetschen
können, dass eine Lähmung die Folge davon ist.

Figur 2.

Durchschnitt des linken Oberarmes im unteren Drittel. Die Beuge-
und Streckmuskeln haben sich auf beide Seiten des humerus so gelagert,
dass rechts,und links die ligamenta intermuscularia eine Grenzscheide abgeben
. Im ligamentum intermusculare externum liegt der n. radialis, der
seine halbe Umkreisung des humerus vollendet hat, und hinter ihm der Anfang
des m. supinator longus. Auf der inneren Seite hat sich der nervus
ulnaris bereits abgesondert. Die a. brachialis befindet sich am inneren
Rande des biceps, bedeckt vom n. medianus und den begleitenden Venen.
So leicht ihre Lage zu bestimmen und ihre Compression auszuführen ist,
so grosse Schwierigkeiten kann ihre Isolirung und Unterbindung geben,
wenn dabei nicht die richtige Methode eingeschlagen wird. Man darf nicht,
wie schon die Abbildung an sich lehrt, direkt auf das Gefäss einschneiden,


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