Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., B 9529
Die vierte Säcularfeier der Universität Tübingen im Jahre 1877
Tübingen, 1878
Seite: 21
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sind, so dürfen wir auch der Verfassung der Universität und der Geschichte derselben gedenken.
Obwohl fürstliche Stiftung hat sie zu Anfang doch ein reiches Mass von Selbstregierung genossen
. Mit der geschichtlichen Weiterentwicklung der fürstlichen Gewalt und der Entwicklung
der Universitäten zu Staatsanstalten ist dieses in den späteren Ordnungen, schon des Herzogs
Christoph und noch mehr des Herzogs Friedrich, erheblich eingeschränkt worden. Aber es ist
in der Geschichte der Universität wie ein Stück altwürtembergischen Verfassungslebens. Da
finden wir herzogliche Räthe, die in ihrem Aufsichtsamt vor allem die Pflicht der Unabhängigkeit
und Ueberzeugungstreue erkennen. Die Universität selbst verhandelt mit den Herzogen
fast ähnlich wie die Landschaft, die Grenzen ihrer Rechte genau, oft rechthaberisch und selbst
trotzig wahrend; auch der Fortschritt ist ihr mehr als einmal aufgenöthigt worden. Und doch
ist immer ein gutes Verständniss geblieben. Die alte Universitätsverfassung ist dann Anfangs
dieses Jahrhunderts gefallen, wie die alte Landesverfassung. Aber nachdem an die Stelle dieser
das neue Staatsgrimdgesetz getreten war, hat sich auch für die Universität nach kurzem Schwanken
eine Ordnung Bahn gebrochen, unter welcher heute der akademische Körper in alten und
neuen Formen eine nirgends in Deutschland übertroffene Selbstständigkeit geniesst.

Die deutschen Universitäten haben die alte Einrichtung der Collegien fast durchaus verloren
. Auch hier sind die ursprünglichen Bursen und ist ebenso die besondere Schule des Adels,
das einst glänzende Collegium illustre, längst gefallen. Nur eines besteht noch wie ein Zeuge
alter Zeiten, und zeigt uns heute noch auch in modernem Gewand die Licht- und Schattenseiten
des alten Bursenlebens, das herzogliche Stipendium, dem erst in neuerer Zeit auch das katholische
Stift zur Seite gestellt ist. Jenes, eine Schöpfung der Reformationszeit, und ursprünglich
weiter angelegt, wurde bald nach seiner Stiftung der Bildung für Kirche und Schule zugeeignet,
und wurde damit eine starke Stütze für das lange dauernde Uebergewicht der Theologie an der
Universität. Aber es war doch durch Jahrhunderte für die Universität überhaupt eine Pflanzschule
der Gelehrsamkeit, die Heimath reichen Geisteslebens, ein Stolz des alten Würtembergs.
Nicht wenig hat es zur Erhaltung der Universität selbst beigetragen.

Wie durch die Fürsten Würtembergs, so ist der Bestand unserer Hochschule unstreitig
getragen durch Land und Leute, durch den schwäbischen Stamm. Sie hat für denselben bald
eine besondere Anziehungskraft entwickelt. Und diese Liebe ist eine dauernde geworden.

Was von dieser Stätte in vierhundert Jahren hinausgegangen ist in das Land, nicht blos
an Kenntnissen und Fertigkeiten, viel mehr an idealem Trieb und geläuterter Auffassung der
Dinge, kann Niemand ganz ermessen. Aber der heutige Tag erinnert uns unwiderstehlich daran,
wie durch diese ganzen Zeiten hindurch alljährlich Jünglinge einen Schatz von Bildung und edlerer
Gesinnung von hier mitgenommen haben hinaus in das Leben mit seinen harten Aufgaben,
wie ihre Studienjahre ihnen blieben nicht blos ein Lichtpunkt der Erinnerung, sondern eine
Mitgabe, durch welche sie über die gemeine Wirklichkeit und ihre niedrigen Triebe gehoben
waren, wie manchem das ganze Leben verschönert ward durch die Fortsetzung der besseren Arbeit
, die er hier gelernt hatte, in aller Stille, oft in der Einsamkeit, wie dadurch reinere Begriffe
in alle Zweige des öffentlichen Lebens gedrungen sind, Religion, Gerechtigkeit, Wohlfahrt
und Sitte gepflanzt wurden. Es war ein Ruhm des Landes, dass es überall zahlreiche solche
Männer von besserem Wissen und Denken besass, und dass diese Bildung auf alle Schichten der
Bevölkerung Einfluss übte. Die Zeiten, in welchen Oberdeutschland seine hervorragende histo-


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