Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., B 9529
Die vierte Säcularfeier der Universität Tübingen im Jahre 1877
Tübingen, 1878
Seite: 26
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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So erforschen die Wissenschaften, welche wie die Kunde der Religion und des Rechtes das menschliche
Geistesleben mit seiner inneren Bildung, seinen Schöpfungen und seinem unveräusserlichen
Besitze zum Gegenstande haben, nach dem alten und neuen Bestand desselben in aller Strenge,
wie er war und wie er ist, aber ebenso nach den unabänderlichen Gesetzen wie dieses Leben
sein soll, den höchsten Gütern die ihm gehören. So forscht die Philosophie, der wir unsere
ganze heutige Wissenschaft verdanken, unablässig weiter nach den Begriffen, mit welchen wir
denken, und ohne deren selbstbewusstes Beherrschen alle unsere Arbeit auf allen Gebieten ein
blindes Tasten bleibt.

Und wie sich die Einheit der Universität bewährt hat im Lichte der heutigen Wissenschaft,
so ist sie auch ihres Einflusses auf das Leben sicher, und sie ist durch ihren Fortschritt im
Stande demselben zu genügen. Die Forderungen sind gross. Unaufhaltsam mehren sich die
Bedürfnisse des äusseren Lebens, der Drang nach der Bewältigung der Materie, wachsen die
Ansprüche an die vernünftige Leitung des Staates, an die Verbreitung geläuterter Denkweise.
Die Hochschulen werden Schritt damit halten, wenn sie die Arbeit fortsetzen in dem ganzen
und vollen Geiste jenes Grundsatzes ihrer Wissenschaft selbst, des Grundsatzes, welchem wir
von unserer Stiftung her verhaftet sind.

Sie haben aber gerade jetzt noch eine andere Aufgabe, nämlich in dem allgemeinen und
unaufhaltsamen Streben nach Mehrung der Güter der Ausartung in rohe Genusssucht und Selbstsucht
zu wehren, die besser Denkenden zu sammeln, durch die Pflege der geistigen Güter den
edleren Sinn zu erhalten und dabei selbst durch ideale Gesinnung, frei von nichtiger Eitelkeit,
vorzuleuchten.

Was uns auf die Höhe der Gegenwart gebracht und die jetzige Freiheit des Geistes errungen
hat, das ist die treue Arbeit der Jahrhunderte, die Pflichterfüllung der Männer die vor
uns waren. Und was uns auf dieser Höhe erhalten kann, das ist derselbe bescheidene Sinn der
Arbeit, und die Zucht des strengen Pflichtgefühles: auf dass wir vor den kommenden Geschlechtern
einst bestehen und der Rückblick folgender Jahrhunderte auch auf uns und unserer Zeit
mit Wohlgefallen ruhen möge. Wie wir heute begonnen haben mit dem Aufblicke des Dankes
nach oben, so schliessen wir mit dem Aufblick des Gelöbnisses und stellen unsere Zukunft unter
das Wort: Das walte der allmächtige Gott nach seiner Gnade.

Geschlossen wurde die Festhandlung in der Kirche durch den Singchor mit dem Vortrag
des Gloria patri von Mendelssohn aus der Motette op. 69, ivorauf der Zug die Kirche ivieder
unter Orgelspiel verliess.

Um zwei Uhr versammelten sich zunächst die Abgeordneten der Universitäten im Senatssaale
des Universitätshauses; hald nachher trafen Ihre Königlichen Majestäten und Seine Königliche
Hohheit der Prinz Wilhelm ein, und die Abgeordneten wurden nach einander in das
Commissions-Sitzungs-Zimmer neben dem Saale eingeführt, und dort einzeln von dem Bector
Seiner Majestät dem König, von dem Kanzler Ihrer Majestät der Königin vorgestellt, Höchst-
ivelche Sich mit jedem derselben unterhielten.


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