Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., B 9529
Die vierte Säcularfeier der Universität Tübingen im Jahre 1877
Tübingen, 1878
Seite: 36
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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rakterisiren. Nach einer Zählung, welche im Einzelnen mehrere unsichere Posten enthält, aber
doch im Ganzen auf annähernde Richtigkeit Anspruch machen darf, leben inWürtemberg dermalen
ungefähr 840 Doctoren, und da es etwa 4700 akademisch gebildete Männer im Lande gibt, so
ist ungefähr je der fünfte bis sechste von ihnen ein Doctor. Diess Verhältniss ist aber in den
einzelnen Fächern höchst verschieden. Denn die grössere Hälfte jener Zahl besteht aus Doctoren
der Medicin. Von 506 approbirten Aerzten sind 406 Doctoren, und 100 entbehren diesen
Titel; zu jenen kommen noch Etliche hinzu, welche nicht oder nicht mehr praktiziren, so dass
im Ganzen etwa 425 Doctoren der Medicin im Lande leben mögen. Den nächsten Plaz nehmen
die Doctoren der Philosophie ein; ich berechnete ihre Zahl auf rund 270; davon sind weitaus
die Meisten im Dienst des Kultdepartements, nemlich 140 Lehrer und Beamte an höheren Unterrichtsanstalten
und Instituten verschiedener Art, etwa 75 evangelische Theologen, worunter
noch ein kleines Häuflein der alten Magister, und wenn man diejenigen, welche zugleich Doctoren
der Theologie sind, dorthin rechnet, etwa 25 katholische Geistliche; der Rest fällt auf Angehörige
anderer Departements, Privatgelehrte, Literaten u. s. w. Dagegen ist der Doctor beider
Rechte in unserem Lande sehr selten. Die Pacultät hat in 20 Jahren überhaupt nur 26 Doctoren
creirt. Ich zählte unter etwa 750 geprüften Juristen deren im Ganzen 40, nemlich 33,
die in Tübingen, 7 die anderwärts cloctorirt haben, ohne Sicherheit, ob die letztere Ziffer vollständig
ist. Für die staatswirthschaftliche Facultät fand ich die Zahl von 26 Doctoren. Die
naturwissenschaftliche hat seit ihrer Gründung im Jahr 1863 50 inländische Doctoren creirt;
da hierunter mehrere sind, von deren Leben und gegenwärtigem Aufenthalt ich keine sichere
Kunde hatte, so wird die Zahl etwas zu hoch gegriffen sein. Der seltenste und geehrteste Doctor
ist nach altem Herkommen der theologische. Auf evangelischer Seite gibt es ausser 4 Mitgliedern
der Facultät deren noch 5 und 4 Licentiaten, die katholisch-theolog. Facultät zählt ausser
ihren 6 Collegen noch 9, und wenn ich nicht irre, auch 3 Licentiaten. Schliesslich mag noch
eine mir unbekannte, aber schwerlich erhebliche Zahl von Fremden, die sich im Lande, besonders
der Hauptstadt aufhalten und einen Doctortitel führen, hinzukommen.

Vor 100 Jahren, wo der Regel nach alle Studierten Doctoren oder Magister waren, muss
die Zahl der würtembergischen Doctoren eine grössere gewesen sein, obgleich das Land nur ein
Drittheil der jetzigen Bevölkerung und kaum ein Zehntheil an akademisch gebildeten Civilstaats-
dienern hatte.

Wie es sich damit nach weiteren 100 Jahren verhalten wird, was etwa mein Amtsnachfolger
über die weitere Geschichte des Doctorats zu berichten haben mag, ob es dann überhaupt
noch Doctoren, ob es deren mehr oder weniger, ob es vielleicht auch Doctorinnen geben mag
■— ein Titel, der bei uns noch den Damen nur auf dem alten und, wie mir scheinen will, bequemeren
Weg erreichbar ist, dass sie einem Doctor ihre Hand bieten — Alles das weiss ich
nicht und will auch keine Veraruthungen darüber aussprechen.

Alles ist auch in diesen Dingen in stetigem Fluss und Werden. Die Zahlen, die ich so
eben als neu und bisher unerhoben mittheilte, werden schon in wenigen Minuten ihre Richtigkeit
wieder verloren haben, da ich die heute Hinzutretenden nicht schon vorgreifend mitzählen wollte.

Ich betrachte es als eine erwünschte und werthvolle Eigenschaft des modernen Doctorats,
dass es nicht blos auf Grund einer Bewerbung und Prüfung, sondern auch als freier Ausdruck
der Anerkennung und Verehrung verliehen werden kann. Das Verhältniss des Ehrendoctors ist


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