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Holzschneider also, der für Brandis und auch für Steffan Arndes (s. Hofmeister-Wiechmann,
Mecklenbg. altniederdeutsche Liter. 3, S. io5|o6), beide Lübecker Drucker, arbeitet, der für
des ersten i 504 in Ribe in Dänemark gedruckte Quedam breues expositiones.. . per Kanutum einen
Holzschnitt fertigte, der für die niederdeutsche Bibel von 1494, die älteste niederdeutsche Ausgabe
des Reynke de Vos von 1498, die erste niederdeutsche Bearbeitung von Brants Narrenschiff von
1497 Illustrationen schnitt, unzweifelhaft selbst niederdeutscher Herkunft, derselbe hat auch unser
Titelbild hergestellt. In den Kreis dieser Drucke gehört also unser Brief und derselbe Holzschneider
hätte demgemäss auch für Barckhusen in Rostock gearbeitet. Doch weisen die argen Verzeichnungen
namentlich der Gliedmassen der beiden Wilden einen starken Abstand auf z. B. von den
Illustrationen der Bibel. Von den übrigen spärlichen Illustrationen Barckhusenscher Drucke
könnte der Titelholzschnitt von des Ulsenius Viaticum, wenn er wiederum auch weit geschickter
ist, auf denselben Formschneider zurückgehen, da er ebenfalls Anklänge an die Strichlage aufweist
. Uebrigens rührt der Strich, welcher im Bilde vom Oberschenkel des Mannes zum
Felsen hinläuft, von einem Kniffe im Papier her, wie der schwarze Fleck in der Linieneinfassung
von einem Loche.
Die Zuweisung unseres Schriftchens an die Druckerei Barckhusens fügt dem Bilde,
das wir uns von der Tätigkeit dieses tüchtigen, vielseitig und eigenartig beanlagten Mannes
bisher machen konnten, einen neuen, aber durchaus nicht befremdlichen Zug hinzu. Hermann
Barckhusen (über ihn vergl. Lisch in den Meckl. Jahrb. 4, 63 ff. und Hofmeister das.
mehrfach, zuletzt 54, S. 192 ff. — wir können nur kurz zusammenfassen) stammt aus Warburg
in der Paderborner Diöcese, 1480 verzeichnet ihn die Rostocker Matrikel als Hermannus
Berkhusen de Warberg, als notarius publicus begegnet er uns in Akten aus dem Anfange des
16. Jahrhunderts, i5oo war er bereits Ratssekretär der Stadt Rostock, um i528 wird er gestorben
sein. Das sind die spärlichen Daten seines Lebens. Barckhusen war ein in manchem
Sattel gewandter Mann : seine juristischen Kenntnisse befähigten ihn zur niederdeutschen Bearbeitung
der bambergischen Halsgerichtsordnung (vergl. Kohler - Scheel, Bamberg. Halsgerichtsordnung
, S. XXV/VI, § 10 und Probe, S. 167 ff., wo die persönlichen Angaben über
ihn aber zu berichtigen sind) und, wahrscheinlich auch, des lübischen Rechtes. Daneben
huldigte er anderen literarischen Neigungen : dem Herzoge Heinrich von Mecklenburg erbot
er sich eine hochdeutsche Chronik zu drucken und sie auf Wunsch «in unse dudesch
(d. i. plattdeutsch) woll to wandelnde unde nichts deweyniger im Ryme to blivende». Barckhusen
ist auch als Bearbeiter der niederdeutschen Ausgabe des «Feynke de Voss» von Zarn-
cke in Anspruch genommen. In persönlicher Hinsicht zeigen mancherlei Beziehungen,
dass er ein hochgebildeter, wohlangesehener Mann war: mit der Rostocker Universität, mit
dem Hamburger Domkapitel, nicht minder mit gelehrten Zeitgenossen wie Albert Crantz,
Barthold Moller u. a. stand er in reger Verbindung. Vielleicht Wünsche dieser seiner Freunde
zusammen mit seinen eigenen literarischen Neigungen, jedenfalls kaum rein geschäftliche Absichten
(trotz des Virgils: Lisch a. a. O., S. 66 ff.) veranlassten ihn zu einer regen Beschäftigung
mit der edlen Druckkunst. Nach (und neben) den Michaelisbrüdern Rostocks zweiter
Drucker hat er mancherlei Werke herausgebracht. Mollers Donatkommentar, die Bambergensis
und das lübische Recht, dies laut Vorrede von seinem Gehilfen Ludwig Dietz «allene vor
gude früde» gedruckt, haben wir schon genannt; für Crantz druckte er «Spirantissimum opus-
culum in officium misse» und «Culta et succincta grammatica», für Heinrich Boger eine umfangreiche
Auswahl seiner lateinischen Gedichte «Etherologium», für Theodor Uelsen (Ulsenius
) «Viaticum», für Gerhard Frilde «Exercitium veteris artis»; daneben Schriften religiösen
Inhaltes wie «Spegel d'cristene mynschen». «Spegel der samiticheit», «Van der navol-
ghinge Jhesu cristi», «Historia de venerabili sacramento in Güstrow», das Flugblatt «De
Rock Jesu Christi» u. a. m. Auch seine Fürsten nahmen seinen Dienst und seine Kunst
gelegentlich in Anspruch: so druckte er für die Herzoge Heinrich und Albrecht 1512 ein
Mandat gegen die Vehmgerichte. An die 20 Drucke Barckhusens sind bisher nachgewiesen,
die meisten nur in einem oder zwei Exemplaren, einige bisher überhaupt in einem solchen
noch nicht aufgefunden. Alle sind sauber und rein gedruckt, der unsrige freier von Ligaturen
als die übrigen, und zeigen im Allgemeinen wie in manchen Einzelheiten, dass der
Druckherr, dessen vornehmster Gehilfe wohl von Anfang an Ludwig Dietz aus Speier war,
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