Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., E 5119-9
Vespucci, Amerigo; Sarnow, Emil [Hrsg.]; Trübenbach, Karl [Hrsg.]
Drucke und Holzschnitte des 15. und 16. Jahrhunderts in getreuer Nachbildung (Band 9: Mundus novus : Ein Bericht Amerigo Vespucci's an Lorenzo de Medici über seine Reise nach Brasilien in den Jahren 1501/02.)
1903
Seite: 14
(PDF, 9 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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die Vespucciforschung nicht andere Wege einschlägt. Die wenig befriedigenden Ergebnisse
der bisherigen Forschungsweise erklären sich daraus, dass leider die meisten Historiker der
Erdkunde die Briefe unseres Reisenden flottweg benutzt haben, ohne dass von ihnen vorher
die Vertrauenswürdigkeit dieser Angaben geprüft worden ist. Santarem, Napione und Trucchi
wiesen zwar darauf hin, wie notwendig es sei, vor allen Dingen einmal die Florentiner Manuskripte
Amerigos gründlich zu untersuchen ; aber erst F. A. v. Varnhagen tat diesen entscheidenden
Schritt. Er erklärte darauf Bc und Bd für wertlose Machwerke eines Fälschers.
Man mag Varnhagens kritischen Blick bewerten, wie man will, und diesen Wahrheitssucher
selbst für «tutto incompetente in fatto di paleografia» (Uz. 25) halten; ein Verdienst kann
man dem unermüdlichen Gelehrten nicht abstreiten: Er hat sämtliche Quellen, auch die nach
seiner Ansicht völlig getrübten, neu gefasst und sie uns in seinem Buche, A. Vesp. Lima 1865,
leicht zugänglich gemacht. Dieses bahnbrechende Werk beeinflusste die Gegner und die Verehrer
des italienischen Seefahrers aufs stärkste. Leider aber hinderte es auch jahrzehntelang
die Vespucciforschung daran, wesentliche Fortschritte zu machen. Als Varnhagens vernichtende
Kritik in Deutschland bekannt wurde, äusserte darüber der vorsichtige Peschel folgendes:
«Wir erwarten mit Spannung, ob italienische Geschichtschreiber und Handschriftenkenner
etwas gegen Herrn von Varnhagens Behauptungen einzuwenden haben. Bis dahin, erschüttert
wie einmal der Glaube an die Echtheit jener Urkunden ist, stellen wir uns auf Herrn von
Varnhagens Standpunkt». (Abh. z. Erd- u. Volk. Lpzg. 1877, S. 241.) Bis heute haben
sich die italienischen Geographen über diese Frage ausgeschwiegen. Selbst in der monumentalen
Raccolta di documenti e studi . . . pel quarto centenario della scoperta dell' America
suchen wir vergeblich nach einer Antwort. Diese beklagenswerte Lücke in dem grossen
Sammelwerke hat den tüchtigen Toscanelliforscher Uzielli bewogen, den mühevollen Versuch
zu machen, das tiefe Dunkel, das über Vespuccis Briefen lagert, aufzuhellen. Das grundstürzende
Werk Uziellis wird nun endlich im Drucke erscheinen und sicherlich zur Ehrenrettung
des vielgeschmähten Seefahrers das meiste beitragen.

Von den Reisebeschreibungen Amerigos hat bisher keine ein so unbestrittenes Ansehen
genossen wie A, besonders deshalb, weil dieser Brief noch bei Lebzeiten seines Verfassers
, wahrscheinlich schon im Jahre i5o3, gedruckt worden ist. Trotzdem ist dieser Quelle
bei der Entscheidung von Streitfragen nicht immer ein ausschlaggebendes Gewicht zuerkannt
worden. Die Schuld daran trägt der von Bandini veröffentlichte Druck (Vita e lettere di A.
V. Fir. 1745, S. 100—121), der zwar inhaltlich A sehr nahe steht, aber auch bemerkenswerte
Abweichungen und Zusätze aufweist. Bereits Bartolozzi (Ric. ist. crit. Fir. 1789, S.
66) und Camus (Mem. sur la coli, des grands et petits voyages, Paris 1802, S. 134, 261)
fiel die Uebereinstimmung der beiden Texte auf, «non ostante alcune piccole variazioni».
Bandinis Vorlage war Ramusio (Delle nav. Venetia 1563, I, 133 C), der aus dem Novus orbis
des Grynäus (Basel 1532) oder vielleicht sogar aus dessen Quelle, dem Itinerarium Portugal-
lensium i5o8 cap. CXI111—CXXI11, geschöpft hat. Diese Sammlung von Reiseberichten aber
ist eine von P'ehlern und Einschiebseln strotzende lateinische Uebersetzung der 1507 in Vi-
cenza gedruckten Paesi nuovamente retrovati, die selbst wieder nichts anders sind als eine
Version des Mundus novus. Desimoni hat Ramusios Ausgabe ein «raffazzonamento» (Giorn.
Lig. Genova 1876, S. 35o) des Grynäus genannt. Ich möchte dieses treffende Wort lieber
auf den Abschreiber Bandini beziehen, dessen Text nur ein «aufgeputzter» A ist. Leider hat
dieses Machwerk ebensoviel Forscher irregeführt wie das Itinerarium nebst seinen zahlreichen
Uebersetzungen. Da es weder in Varnhagens Buch noch in der Raccolta enthalten ist und
auch von Uzielli in seiner Vespucciausgabe fortgelassen werden wird, so ist es wohl nun endgültig
von kritischen Erörterungen ausgeschlossen.

Das Ansehen des A ist besonders gestiegen, seitdem man Exemplare der beiden datierten
Ausgaben aus den Jahren 1504 und i5o5 aufgefunden hat. Vor hundert Jahren machte
Camus (Mem. i3o) zum erstenmal auf die Pariser Ausgabe des Druckers Jehan Lambert aufmerksam
, ohne dass er freilich ihre führende Stellung ahnte. Auch Humboldt blieb die Erkenntnis
von dem hohen Werte des A verschlossen, trotzdem ihn sein gelehrter Freund Roulin
auf diesen lateinischen Text hingewiesen hatte. (Krit. Unt. Berlin 1882, II, 400.) Peschel trat
1854 (Abh. z. Erd- u. Völk. S. 61) lebhaft für Brunets Vermutung ein (Man. du libr. Paris 1864,


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