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sein Verfasser war Gualtherus Ludd, der Kanonikus an der Kathedrale zu St. Die in Lothringen
. Major teilte die Lösung des Rätsels d'Avezac mit, der sich ebenso wie Harrisse (B.
A. V. Ad. 18) beeilte, den «celebre humaniste, epigraphiste, architecte et mathematien vero-
nais» (Consid. 277) als Uebersetzer des Vespuccibriefes bekannt zu machen. Trotzdem Harrisse
auch 1884 in seinem Werke «Chr. Colomb. v. II, 38 nachdrücklich auf Giocondo aufmerksam
gemacht hat, lebt der von Bandini verbreitete Irrtum noch heute fort. So wärmt
ihn uns ein leidenschaftlicher Gegner des Florentiners, der Präsident der Hakl. Soc, Mark-
ham, in seinem von unbewiesenen Behauptungen strotzenden Buche, The letters of A. Ves-
pucci, Lond. 1894. S. XVI, aufs neue auf. Auf eine derartige wissenschaftliche Leistung
passen vortrefflich Markhams eigne Worte: «This is a pretty considerable error» (S. XLII).
Diesen spöttischen Ausruf entlockt uns auch der Pseudogelehrte Lambert de St. Bris, der sich
darüber lustig macht (America a name of native origin, New York 1893. S. XVI), dass der
Uebersetzer den «agreeable (jocunde) translator» der Vicentina in einen «Mr! Jocundus» verwandelt
habe ! !--Wirklich wertvolle Aufschlüsse über Giocondo erwarten wir von Uzielli zu
bekommen. Dieser Forscher hat in dem ersten und leider einzigen Hefte der Zeitschrift Toscanelli,
Janv. 1893 S. 25, kurz darauf hingewiesen, dass der Veroneser Mönch «uno dei piü vagabondi
fra i sommi uomini del secolo XV (Racc. P. V. v. I, 399), wahrscheinlich Vespuccis Bekanntschaft
gemacht hat. Der fleissige Gelehrte hat inzwischen soviel Stoff zu einer Lebensbeschreibung
des «grand Veronais» gesammelt, dass er, wie er mir mitteilte, einen ganzen
Band damit füllen könnte. Hoffentlich erfreut er uns recht bald mit dessen Veröffentlichung! —
Nicht bloss über den Uebersetzer des A, sondern auch über den Empfänger dieses
Briefes sind wir jetzt völlig aufgeklärt. Lamberts Druck bringt auf dem Titelblatt seinen vollständigen
Namen : Laurentius Petri Francisci de Medicis. Als guter Kenner der Florentiner
Geschichte hegte Bandini (Vita LI II) nicht den geringsten Zweifel daran, dass dieser Medici
niemand anders als Lorenzo, der Sohn des Pierfrancesco, (geb. 1493, gest. am 20. Mai i5o3)
sein könne. Auch diese Erkenntnis ist heute noch nicht allgemein durchgedrungen. Der oben
genannte Markham behauptet noch im Ernste, wir hätten es hier mit einem Sohne Lorenzos
des Prächtigen zu tun. Gut fertigt Luigi Hugues den englischen Forscher mit den Worten
ab : «Anche i giovani delle nostre scuole secondarie sanno benissimo che erano cugini, e che
il successore del grande Lorenzo fu Piero II de' Medici». (A. Vesp. Casale 1895. S. 33.)
Von Bandini erfahren wir auch, dass Lorenzo mit seinem Bruder Giovanni zusammen aus
Florenz verbannt worden, an den Hof Karls VIII. von Frankreich geflüchtet und mit diesem
Eroberer 1494 in die Arnostadt zurückgekehrt ist. Neues Licht auf die Beziehungen zwischen
Lorenzo und Vespucci warf Barlolozzi (Ric. Fir. 1789. S. 81). Er fand im Carteggio der
Familie Medici eine Anzahl Briefe Amerigos, aus denen hervorgeht, dass dieser bis 1492 war
«un des principaux agents de la plus puissante maison de commerce de Florence, celle de
Lorenzo et Giovanni di Pier Francesco des Medici» (Tose. I, 24). In den folgenden Jahren
war Vespucci für sein Handelshaus in Spanien tätig und gab seinem Chef fleissig Bericht
über den Verlauf der Geschäfte. Dass das Einvernehmen zwischen diesen beiden Florentinern
auch dann noch ungetrübt geblieben ist, als ihre geschäftlichen Beziehungen gelöst worden
waren, ergibt sich daraus, dass unser Kosmograph auch fernerhin mit seinem angesehenen
Landsmann Briefe gewechselt hat. Dem weitblickenden Fürsten mussten alle Nachrichten
über die fernen Westländer, mit denen man möglicherweise vorteilhafte Handelsverbindungen
anknüpfen konnte, höchst willkommen sein. Der ruhmredige Seefahrer aber brüstete sich
ohne Zweifel damit, einen so hochgestellten wissbegierigen Gönner zu haben, der ihm bei
seiner Heimkehr ins Vaterland von grossem Nutzen sein konnte. So erklärt sich leicht die
Tatsache, dass Amerigo, nachdem er mit dem langen Schreiben vom 18. Juli i5oo bei dem
italienischen Grosskaufmann viel Anklang gefunden zu haben scheint, diesem in drei ausführlichen
Briefen seine nächste Reise (15o 112) geschildert hat. — Das wichtigste Kapitel unserer
Untersuchung befasst sich mit der Frage : Wohin schickte Vespucci diese drei Sendschreiben ?
Hinsichtlich des Kap Verdebriefes vom 4. Juni i5oi unterliegt es keinem Zweifel,
dass dieser nach Florenz gegangen ist; bei Bc dagegen und vor allem bei A können wir nicht
klipp und klar sagen, wohin sie gesendet worden sind. Wir haben hier mit vier Möglichkeiten
zu rechnen: 1. Vespucci vermutete im Frühjahre 15o3 Lorenzo in der Arnostadt und
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