Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., E 5119-9
Vespucci, Amerigo; Sarnow, Emil [Hrsg.]; Trübenbach, Karl [Hrsg.]
Drucke und Holzschnitte des 15. und 16. Jahrhunderts in getreuer Nachbildung (Band 9: Mundus novus : Ein Bericht Amerigo Vespucci's an Lorenzo de Medici über seine Reise nach Brasilien in den Jahren 1501/02.)
1903
Seite: 20
(PDF, 9 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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schickte daher sein Schreiben dorthin. 2. Der Medici hielt sich damals in Frankreich aut
und bekam dort die Zeilen Amerigos direkt aus Lissabon oder auf dem Umwege über Florenz.
3. Der Uebersetzer Fra Giocondo empfing aus Lorenzos Hand oder aus dessen Nachlass den
Originalbrief Vespuccis. 4. Ein Verwandter Giocondos in Lissabon liess seinem Vetter eine
Abschrift der fesselnden Reisebeschreibung zukommen.

Diese Hypothesen ergeben sich aus folgenden Erwägungen : Es ist uns leider unmöglich
, genau nachzuweisen, wo sich der Empfänger des A vom Mai i5oi bis ins Frühjahr
i5o3 aufgehalten hat. Abel Desjardins berichtet darüber in dem Lebensabriss Lorenzos:
«En i5oi il se rendait une derniere fois en France; Louis XII se preparait alors ä recouvrer
le royaume de Naples. A son retour de cette ambassade, Lorenzo mourut ä Florence le 20
mai i5o3» (Neg. dipl. de la France avec la Toscane etc. Paris 1859. I, 199). Die Vorschriften
für den Florentiner Gesandten sind den 6. Mai i5oi gegeben worden. (Neg. II, 5i.)
Sie verlangten von Lorenzo, dass er in grösster Eile den französischen Hof aufsuche und
sich dort mit dem ständigen Gesandten der Republik, mit Pierfrancesco Tosinghi, ins Einvernehmen
setze. Der Medici verhandelte mit Ludwig XII. zu Lyon und stimmte diesen
König, wie es scheint, Florenz günstig. Vom Mai i5oi verschwindet Lorenzos Name aus
den Gesandtschaftsberichten. Andere Florentiner Bevollmächtigte erhielten am 3. Juli i5oi,
am 3i. August i5oi und am 5. November i5o2 Anweisungen, sich nach Frankreich zu begeben
. Warum verzichtete der Freistaat auf die ferneren diplomatischen Dienste eines seiner
angesehensten Bürger? War er mit der Wirksamkeit Lorenzos unzufrieden oder hatte dieser
selbst die Lust verloren, noch weiter für das Staatswohl zu sorgen ? — Lorenzo gehörte wie
sein Bruder Giovanni zu den wärmsten Franzosenfreunden in Florenz (Buser, Die Bezieh, der
Mediceer zu Frankr. etc. Leipz. 1879. S. 321) und betätigte seine Vorliebe für das mächtige
Nachbarland sowohl unter Karl VIII. wie unter Ludwig XII. auf mannigfaltige Weise.
Er hatte sich zwar schon ein paarmal für kurze Zeit in Frankreich aufgehalten. Was aber
sollte ihn dazu bewogen haben, wie Desjardins annimmt, vom Mai i5oi bis kurz vor seinem
Tode seiner Vaterstadt fern zu bleiben und auf französischem Boden zu weilen ? Politische
Gegner hatte er damals in Florenz nicht zu fürchten. Um die Gunst des wankelmütigen
Volkes sich zu erhalten, erniedrigte sich dieser Mediceer sogar soweit, dass er den verhassten
Namen seiner Familie aufgab und sich schlechtweg Lorenzo de' Popolani nannte. Trotz dieser
Selbstherabwürdigung gelang es ihm nicht, das höchste Amt, das die Republik zu vergeben
hatte, zu erhalten. Gross war sicherlich Lorenzos Enttäuschung, als sein politischer Gesinnungsgenosse
Piero Soderini am 10. September i5o2 zum gonfaloniere a vita ernannt
wurde. (Reumont, Tavole cron. e sine, della storia fior. Fir. 1841.) Desto erfreuter war
Ludwig XII. über die Wahl seines «eher et grant amy» zum Oberhaupt von Florenz. (Neg.
II, 71.) Mag nun auch die Verstimmung über den Undank seiner Mitbürger oder sonst ein
triftiger Grund Vespuccis Gönner nach Frankreich getrieben haben, so ist damit durchaus
nicht gesagt, dass er sich zwei Jahre hindurch in Paris aufgehalten habe. Wir wissen vielmehr
, dass der Medici im Mai i5oi Ludwig XII. seine Vorschläge zu Lyon unterbreitet hat.
Zu seinen Geschäftsfreunden in diesem Orte hatte sich Lorenzo wenige Jahre vorher geflüchtet,
als ihm nach Savonarolas leidenschaftlichen Predigten der Boden am Arno zu heiss geworden
war. Ist er aber während des Winters i5oi/2 in Lyon gewesen, dann ist er zweifellos im
Sommer i5o2 mit den Franzosen nach Asti in Oberitalien gegangen, von wo aus Ludwig XII.
ein gnädiges Schreiben an seine «tres chers et grans amys» in dem von Feinden arg bedrängten
Florenz sandte. (Neg. II, 70.) Hat dann Lorenzo im Herbste aufs neue die Gefilde Frankreichs
geschaut und vielleicht den Winter i5o2|3 in Paris verlebt, so hat er jedenfalls, als
er im Oktober den Bc von Vespucci erhalten hatte, seinen fieissigen Korrespondenten in
Lissabon von dem Wechsel seines Wohnortes in Kenntnis gesetzt. Amerigo hat infolgedessen
den A im Frühjahr i5o3 nach Paris gesandt, was auch Varnhagen, Peschel, Marcou, Paine
und andere Gelehrte vermuten. Fussen wir auf dieser Annahme, dann erklärt sich leicht,
wie ein Brief Vespuccis in die Hände des damals an der Seine weilenden Giocondo gelangen
konnte. Dieses «vielseitige Genie» hatte einst Lorenzo dem Prächtigen eine wertvolle Sammlung
alter Inschriften gewidmet. (Reumont, Lorenzo de' Medici il Magnirico, Leipzig 1874,
II, 143.) Giocondo wird wohl auch in spätem Jahren Beziehungen zu Mitgliedern des


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