Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TM 87/3765
Villon, François; Zech, Paul [Sonst.]
Die Balladen und lasterhaften Lieder des Herrn François Villon in deutscher Nachdichtung
Weimar, 1931
Seite: 6
(PDF, 24 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Alte Drucke und Autorensammlungen

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/villon1931/0010
haufens umarmte. In einer armseligen Proletenkammer gurgelte
er seinen ersten Schrei und lernte sehr früh schon das Elend der
Ausgestoßenen, aber auch das aufreizende Lotterleben der ritter/
liehen Herrschaften kennen. Er hatte vor, kein Straßenkehrer,
aber ein König oder Räuberhauptmann zu werden. Er hatte eine
Nase mit dem feinenWitterungsvermögen eines Tieres, und einen
Mund, der haarscharf auf dem richtigen Fleck saß. Als fünf-
jähriger Knabe schon stahl er; allerdings noch nicht Gold und
Silber, aber einen Laib Brot für den hungrigen Magen. Polizei
verprügelte ihn öffentlich auf dem Markt.
Mutter Jaqueline Villon hob den übel zugerichteten Jungen aus
dem Rinnstein und brachte ihn zum Kaplan Guillaume de Vil/
Ion. Der fromme Guillaume, Beichtvater höchster und aller/
höchster Herrschaften und Primus von St. Benoit le Betourne
war allerdings kein scheinheiliger Augenverdreher und Schön/
Schwätzer. Sein Wissen um Gott und Menschheit hatte er aus
vielen natürlichen Quellen geschöpft, seiner Glaubensfasson ent/
sprechend zurecht gebogen und bei seiner nicht gerade kleinen
Gemeinde sich ein gewisses Ansehen erworben. Er lebte nach
den allgemeinen Dienststunden in der Kirche auch nicht einsam
in asketisch kahler Zelle, er besaß ein entzückend eingerichtetes
Palais am waldigen Ufer der Seine und sammelte Bilder und
wertvolle Handschriften.

Von den Streichen des kleinen Francois mußte er wohl schon
gehört haben, denn er nahm ihn ohne umständliche Examina
gern auf und steckte ihn gleich in die Badewanne. Der Einfach/

6


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/villon1931/0010