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und Schluchten. Das imponierte den Vorstand der „Coquil/
lards", der schon lange sich nach einem gewieften Geschäfts'
führer umgesehen hatte. Der Student Francois Villon schien ihm
der Mann zu sein, mit dem man die gewagtesten Sprünge unter/
nehmen konnte. In einer Spelunke, wo Villon fast jede Nacht
angetrunken in einer Ecke saß und mit seiner nichtswürdig dik/
ken Zunge schimpfend in derWeltgeschichte herumblätterte und
an keinem großen Geschehnis der Welt einen guten Faden ließ,
traten die „Muschelbrüder" an ihn heran und boten ihm ein
Monatsgeld von zweihundert Goldzechinen. . . wenn er zur
Häuptlingswürde sich bequemen könne. Hinter der Nebel/
maske desWeins war Villon nüchtern genug, das Für undWider
dieses Antrags zu ventilieren. Er war abenteuerlich bis in die
Fingerspitzen hinein, aber noch überlegen genug, seine Zusage
mit einem schmetternden Gelächter zu bekräftigen.
Die ersten Raubzüge kommandierte Villon noch als eingeschrie/
bener Student. Das Training der zügellosen Horde nahm seine
Zeit so in Anspruch, daß er den Professoren einen saftigen Ab/
schiedsbrief schrieb (nachzulesen bei Rabelais!) und den Dok/
torhut in absentia verlangte. Das Sachverständigenkollegium
entschied mit allen Stimmen gegen ihn. Er nahms den Ölgötzen
nicht weiter krumm, ließ aber am Abend darauf die Kasse aus/
rauben und behängte ein paar alte Zigeunerweiber mit den
Schaumünzen und güldenen Ehrendiplomen.
Von nun an wurde das nächtliche Paris noch unsicherer. Es
lag System in den Ausflügen der Bande. Sie schnappte nur
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