Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TM 87/3765
Villon, François; Zech, Paul [Sonst.]
Die Balladen und lasterhaften Lieder des Herrn François Villon in deutscher Nachdichtung
Weimar, 1931
Seite: 22
(PDF, 24 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/villon1931/0026
Protokoll verzeichnete den letzten Seufzer des Grafen. Er lautete:
„Der Villon!"

Der Protokollfälscher war natürlich der Herr Polizeiprinzipal sei'
ber. Das konnte der öffentliche Ankläger Mirbou natürlich nicht
gut annehmen. Er schickte Villon, was näher lag, in ein scharfes
Kreuzverhör. Und als Villon nur ein pfiffiges Lächeln den Aus'
fragen entgegensetzte, und dann, als es ernster wurde, den Mord
ganz entschieden bestritt, mußte der „verstockte Sünder" in die
Wasserprobe, jener barbarischen Folter, von der niemand ohne
„Geständnis" herunter kam. Villon widerstand, bis es ihm bc
denklich schlecht wurde. Er hatte elf Liter Wasser im Leib. In
seiner Not, daß es ihm ins Hemd gehen konnte, oder auch um
den Hals, sagte er: „Meinetwegen, ich bin also der Mörder des
Herren Grafen, wenn ihr keinen anderen Bösewicht auf Lager
habt!"

Da sprach ihn das Gericht schuldig und überantwortete ihn dem
Henker. Zum Glück für Villon wurden die Terrassen am Rieht'
platz gerade umgebaut. Auch die Eröffnung der Königlichen
Komödie wartete man ab. Eine Premiere immer hübsch nach
der anderen! Man hoffte nämlich, für das fabelhafte Abkehlen
eines berühmten Dichters und ebenso berüchtigten Banditen, min'
destens iooo Tribünenkarten absetzen zu können. Und verpaclv
tete die Stände der Waffelbäcker, Wursthändler und Gaukler,
die Plätze für den Moritatensänger und Heiligenbildchenver'
käufer für das fünffache der sonst üblichen Miete.
Villon flog in seiner Zelle, von allen Freunden in schmählicher

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