Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TM 87/3765
Villon, François; Zech, Paul [Sonst.]
Die Balladen und lasterhaften Lieder des Herrn François Villon in deutscher Nachdichtung
Weimar, 1931
Seite: 29
(PDF, 24 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/villon1931/0033
er aus dem langen Winterschlaf wieder auferwachte in den ver/
jungten, wandertollen Umtrieb.

Er saß eines Tages in Antwerpen. Er spielte, vor dem breiten bc
häbigen Volk, in einem Passionsstück den Judas Ischariot. Ob
er selber das Stück verfaßt hat oder bloß inszeniert, interessiert
uns vorerst nicht. Jedenfalls spielte er seine Rolle ausgezeichnet.
Seine Stimme war von einer sieghaften Gewalt, sie war kultiviert
und nuancenreich.

Und noch in einem anderen Mysterienspiel wurde er als Dar/
steller bewundert. Hier spielte er den Apostel Paulus, den Eife/-
rer, den Ideenträger der katholischen Religion, er zeichnete
ihn ohne frömmlerische Verbrämung, ohne den Heiligenschein^
zauber.

In seinem Privatleben aber war er wieder der spannungsvolle,
amüsante, gemeine, ludrige und herrschsüchtige Feuerkopf, der
Genußpirat und Frauenbeschwörer. Der Chevalier von Paris.
Der General des geheimen Ordens der Coquillards.
Vielleicht hatte er das Medium des Zufalls, die aufreizende Kitze/
lung des Überraschenden in der Schickung des Schicksalhaften,
nicht mehr notwendig als Kraftquelle seiner Existenz. Er sah,
daß er seinen Willen endlich erobert hatte. Er fühlte das Maßlose
eingespannt in der Kraftspeicherung seiner Blutenergien. Er kit'
zelte die Menge mit plastisch gemachten Leidenschaften und
prellte sie um das Wesenhafte seiner Urerscheinung. Er war ein
Verbrecher an der Kunstgläubigkeit jener, die ihm hörig waren,
weil er Kunst auch auf dieser Etappe nicht ernst nahm, wenig/

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