Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TM 87/3765
Villon, François; Zech, Paul [Sonst.]
Die Balladen und lasterhaften Lieder des Herrn François Villon in deutscher Nachdichtung
Weimar, 1931
Seite: 37
(PDF, 24 MB)
Bibliographische Information
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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nicht sagen, daß er aus schnöder Berechnung ein gefügiger Hof/
poet war, ein kritikloser Verherrlicher dynastischer Tugenden. Er
führte keine Aufträge aus, die ihn menschlich und politisch wider
den Strich gingen. Er gab von vornherein den Ton an, in den
die anderen einzufallen hatten. Sie fielen gern ein, weil er zu den
lebendigen Dingen Bezug hatte.

Die Weiber spielen in Meister Villons Balladen eine besondere
Rolle. Er hat keiner Frau, die er je besaß, einen billigen Schmachte
fetzen gesungen. Er griff zu. Er packte sie an der Stelle, wo sie
ihrer Veranlagung nach am empfindlichsten waren und in den
tollen Dreh der Verzückung gerieten. Sie wurden in seinen Ar/
men trächtige Erde, Blüte und Frucht. Das Animalische war
jedoch nie der Urzweck seiner entfesselten Bewegung. Er ließ
nur dem Temperament seinen freien Lauf. Er liebte sachlich,
das heißt: er baute keine zeitfremden Barockschnörkel, keine Mas/
kerade und Verlogenheit um den Beischlaf. Er tat seine Schuldig/
keit, männlich und geradeaus, und verlangte, daß man auch ihm
nichts schuldig blieb. Man kann deshalb auch nicht behaupten,
daß er, mit Übersättigung beladen, seine Zuflucht im Zynismus
suchte. Zum Zyniker von Geblüt fehlte ihm jede Voraussetzung,
in seiner Liebesart waren Erde, Wind und Wolken miteinander
vermischt. Es gibt einige (allerdings nicht jedem zugängliche und
allen bekömmliche) Balladen Meister Villons, da wird das Aufeinanderprallen
der Fleische mit solch einer schamlos/brutalen
Bildhaftigkeit gegenständlich gemacht, die letzten Fundamente
der Zeugungsgewalten so erschlossen, daß man glauben könnte:

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